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Bericht
30.03.2022
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"Energie- und Klimaprogramm Sachsen"

Wohl kaum ein Thema beschäftigt die Unternehmer momentan so sehr, wie die Energiepreise. Gemäß des Statistischen Landesamtes sind die sächsischen Energiepreise im März 2022 um 33,8 % gestiegen (Vergleich zum Vorjahresmonat), Erdgas ist um 14,1%, Kraftstoffe um 20,8%, Strom um 5,2% und Flüssiggas sogar um 101,4% teurer geworden. <br />

mit Dr. Gerd Lippold, Staatssekretär für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft
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Unsere Mitglieder machen sich ernsthafte und berechtigte Sorgen um die Versorgungs-sicherheit sowie teilweise auch um ihre Existenz. Wirtschaftsminister und Vizekanzler Dr. Robert Habeck hat gestern beim Gas die Frühwarnstufe nach der sogenannten europäischen SoS-Verordnung ausgerufen, um auf einen drohenden Gas-Lieferstopp Russlands vorbereitet zu sein; es droht die Rationierung von Gaslieferungen für Unternehmen in der Notfallstufe.

 

Wir wollten mit Staatssekretär Dr. Lippold besprechen, wie es vor dem Hintergrund des Russland-Ukraine-Konfliktes sowie dem Doppelausstieg aus Braunkohleverstromung und Kernenergie gelingen kann, Umweltschutz und Energiesicherheit zu bezahlbaren Preisen in Sachsen und Deutschland zu garantieren. Fest steht, das bestehende „Energie- und Klimaprogramm Sachsen“ (EKP) muss auf die neuen Gegebenheiten angepasst werden. Dr. Lippold stellte aber auch heraus, dass aber einige der im Programm enthaltenen 200 Maßnahmen nach wie vor ihre Gültigkeit sowie Aktualität behalten haben. Im Programm enthalten ist z.B. die Maßnahme, eine Wasserstoffwirtschaft, entlang der gesamten Wertschöpfungskette, aufzubauen. Dies sei allerdings nicht sofort flächendeckend realisierbar. Da spielen auch chemische Eigenschaften eine Rolle, sodass Wasserstoff nicht überall ein sinnvoller Energieträger ist. Die Kernkompetenzen in Sachsen sind gut aufgestellt. Eine top Forschungslandschaft, Technologieentwicklung und Transfer sowie hervorragendes Knowhow im Anlagenbau sprechen für neue Technologien made in Saxony. Als Schwachpunkt des Freistaates, weshalb die Ansiedlungsentscheidung von Intel mit beeinflusst haben mag, ist der Mangel an „grünem“ Strom im Vergleich zu Sachsen-Anhalt zu sehen. Unternehmen, die keinen CO2-Abdruck hinterlassen möchten, treffen entsprechend andere Standort-entscheidungen, wie eben Intel für Magdeburg, ist sich der promovierte Physiker sicher.

Wir haben erfahren, dass der Wirkungsgrad eines Elektroantriebes sehr viel höher ist als der eines Benzinmotors. Es ist aber aktuell davon auszugehen, dass auf absehbare Zeit der größte Anteil des sächsischen Energiebedarfs auch weiterhin durch die Braunkohle (45,8 %1) bedient wird, es folgen Mineralöle (31,3 %), Erdgas (21,9 %) und die Erneuerbaren Energien (9,0 %). Bei den Erneuerbaren Energien ist Biomasse / Biogas mit 68,1 % am bedeutendsten, Windenergie und Solarenergie / PV folgen mit jeweils etwa 13 %. Sachsen hat also großen Nachholbedarf bei der grünen Stromerzeugung und sollte daran arbeiten, dies zu verbessern, stellt Dr. Lippold heraus. Wir konnten uns ferner austauschen zur Sektorkopplung (optimale Verknüpfung der Energiesektoren Strom, Wärme und Verkehr). Dabei hat beispielsweise der Wärmesektor inkl. Warmwasser einen Anteil von 32% am Endenergieverbrauch. Hier stagniert aktuell jedoch die Reduktion Energieverbrauchs.

Der aktuelle Russland-Ukraine-Konflikt führe klar vor Augen, dass eine Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern eine Notwendigkeit ist. Aktuell ist die Versorgungssicherheit auch mit Gas noch gegeben. Für eine sichere Energieversorgung in Deutschland sind die Energieversorgungsunternehmen verantwortlich, welche in einem liberalisierten Markt agieren. Generell ist das Zieldreieck aus Wirtschaftlichkeit (Efficiency first), Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit zu realisieren. In Deutschland regelt das Energiesicherungsgesetz von 1975 den Fall eine Gefährdung bzw. Störung der Energieversorgung, wenn der Marktmechanismus außer Kraft gesetzt ist. Für Erdöl gibt es auch ein Erdöl-bevorratungsgesetz, welches eine 90tägige Bevorratungspflicht beinhaltet. Aktuell wird auch stark an den Rohstoffbörsen „preistreibend“ spekuliert – eine Gasverknappung ist momentan durch die Gaslieferungen aus Russland noch nicht zu konstatieren – muss aber antizipiert werden. Die dreiphasigen Warnstufen (derzeit Frühwarnstufe) im Notfallplan Gas, siehe: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/FAQ/Notfallplan-Gas/notfallplan-gas.html regeln die einzelnen Aktionen. Erst in der letzten Stufe, der Notfallstufe drohen Rationierungen des Gasangebots, wobei die Haushalte und Krankenhäuser in der Gasversorgung Priorität genießen.

Wir bedanken uns bei Herrn Staatssekretär Dr. Lippold, für seinen Fachimpuls und dafür, dass er unsere Fragen beantwortet hat, welche die Weiterentwicklung der Kerntechnik, Flächenverfügbarkeit und den einzuschlagenden Energiepfad (Wasserstoff vs. Strompfad) thematisiert haben. Da wir noch nicht alle Fragen haben besprechen können, freuen wir uns auf einen erneuten Aufschlag mit dem Staatssekretär. Auf bald!