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Bericht
25.04.2022
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"Kohleausstieg: Chance für mehr Mitarbeiter und gute Laune in Sachsen?"

Gestern haben wir uns mit Prof. Dr. Norbert Menke im wunderschönen MOMENTS Boutique Hotel Bautzen getroffen, um über den Stand der Strukturentwicklung in den beiden sächsischen Braunkohlerevieren zu sprechen.

mit Prof. Dr. Norbert Menke, Geschäftsführer Sächsische Agentur für Strukturentwicklung GmbH (SAS)
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Das Sächsische Kabinett hat am 27. April 2021 die »Förderrichtlinie für Zuwendungen nach dem Investitionsgesetz Kohleregionen - RL InvKG« beschlossen. Die Richtlinie regelt das Verfahren, nach dem investive Projekte für den Strukturwandel in den sächsischen Braunkohlerevieren ausgewählt und unterstützt werden sollen. Antragsberechtigt sind vordergründig Kommunen sowie Gesellschaften in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft. Private Unternehmen sind bei diesem Förderinstrument jedoch leider keine unmittelbaren Adressaten, was der Wirtschaftsrat als Konstruktionsfehler in der diesbezüglichen Förderkulisse sieht. Einen kleinen Lichtblick gibt es aber mittlerweile für die regionale Unternehmerschaft: Der „Just Transition Fund“ (JTF) der EU. Für Sachsen stehen im Förderzeitraum 2021 bis 2027 rund 670 Millionen Euro EU-Mittel aus dem JTF zur Verfügung, die z. B. auch für die Unternehmensförderung eingesetzt werden können. Das ist freilich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die SAS berät die betroffenen Landkreise und Kommunen im Strukturwandel, um Wohnen, Leben und Arbeit für eine moderne Region zu verbinden.

Prof. Menke wollte einen positiven Blick auf den Strukturwandel werfen. Viele Faktoren, wie Demografie, Wertschöpfung, Steuerkraft etc. spielen eine Rolle, um diese Transformation in Sachsen erfolgreich auszugestalten. Das Potential in Sachsen, auch in den ländlichen Gebieten, ist vorhanden: Erfindergeist und Innovationspotential werden die Eckpfeiler sein, um die insgesamt 10 Mrd. € aus Bund und Land zwischen 2020 und 2038 sinnstiftend und wachstumsfördernd wirken zu lassen. Dabei geht ein Großteil dieser Fördergelder in Infrastrukturmaßnahmen. Bundes-Förderprojekte richten sich auf Schienenneubau, Elektrifizierung, Förderung der sorbischen Sprache, Straßenbau und die beiden geplanten Großforschungszentren in Sachsen. Aktuell sind 1,3 Mrd. € für 116 Projekte an Bundesmitteln für das Lausitzer Revier und Mitteldeutsche Revier in der ersten Förderperiode, die bis 2026 reicht, bereits gebunden. Die sächsische Richtlinie zum Investitionsgesetz Kohleregionen (RL InvKG) muss für die Förderperioden zwei (2027-2032) und drei (2033-2038) jedoch unbedingt dahingehend angepasst werden, dass künftig private Unternehmen auch antragsberechtigt sind und nicht erst der Umweg über die Gebietskörperschaften genommen werden muss, um indirekt von den Fördergeldern inkl. der damit verbundenen Reibungsverlusten zu profitieren.

Prof. Dr. Menke hat einige Wachstumsfelder genannt, in welchen vor allem die privaten Unternehmen deren Marktpotential ausschöpfen werden: Kreislaufwirtschaft, Energie, Gesundheit, Mobilität, IT, Tourismus, Smarte Regionen – konkret z.B. Batterierecycling, Verbundwerkstoffe, multifunktionale Stadtzentren, Elektrolyse-Anlagen sowie synthetische Kraftstoffe. Aktuell, so muss man konstatieren, ist es bei unternehmerischen Innovationen im Zuge des Strukturwandels, auch aufgrund einer fehlenden unmittelbaren privatwirtschaftlichen Förderung, noch nicht so gut bestellt. Diesbezüglichen innovativen Input, insbesondere zur Anziehung junger Familien auf dem Land lieferten Matthias Medack (Strukturentwicklungsmodell „Landstadt“ und Reallabor „Bauen der Zukunft“), Stadtplaner Ernst Panse (Projekt „Städtebaulicher Experimentierraum“, Imageaufwertung der Region), Bereichsleiterin Bau Bildung Sachsen e.V. Kerstin Ganz (u.a. Zukunftsberuf „Wasserbauer“), Rektor HSZG Prof. Dr.-Ing. Alexander Kratzsch (keine „Universitätsbeutegemeinschaften“ zur Fehlallokation von Fördermitteln in andere vom Strukturwandel nicht betroffene Gebiete, Projekt „Modernes Bauen“), Frau Dr. Judith Oexle (Demografie: Es fehlen vor allem junge Frauen in der Region Bautzen, Image und „Markenkern Lausitz“, Willkommenskultur). Junge Leute gewinnt man nicht, indem man über sie, sondern frühzeitig mit ihnen spricht, um Sie für ein Leben auf dem Land mit all den damit verbundenen und noch zu schaffenden Möglichkeiten, zu begeistern, konstatierte der junge Unternehmer, Nils Rübelmann.

Teilergebnisse wurden auf dem Flipchart festgehalten und der Wirtschaftsrat in Sachsen bleibt dran, um in den Förderperioden zwei und drei, die innovative Privatwirtschaft, unmittelbar an den Kohlemilliarden für einen tragfähigen sowie erfolgreichen Strukturwandel partizipieren zu lassen. Wir danken allen Beteiligten, vor allem aber Herrn Prof. Dr. Menke, für seinen Input und freuen uns darauf, bei einem der nächsten SAS-Revierstammtische unseren Austausch fortzusetzen.