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Bericht
20.08.2024
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Prof. Dr. Roland Koch sprach in Görlitz über Konservativismus

Deutsche Werte und Leitkultur betrachtete Prof. Dr. Roland Koch als Basis für zukunftsgerichtete Anpassungen. Der Union komme eine Ankerfunktion zu.
©Wirtschaftsrat

Auf Initiative von Helmut Goltz, Geschäftsführer der traditionsreichen Görlitzer Seilerei und Mitglied des Wirtschaftsrates der CDU e.V., kam Prof. Dr. Roland Koch, Ministerpräsident a. D. und Vorsitzender der Ludwig-Erhard-Stiftung sowie Mitglied im Bundespräsidium des Wirtschaftsrates der CDU e.V. nach Görlitz. Der erfahrene Politiker, Autor und Wissenschaftler sprach im Hotel Tuchmacher vordergründig über Konservativismus. Unter den Gästen und Diskutanten waren weitere prominente Politiker wie der Präsident des Sächsischen Landtages, Dr. Matthias Rößler, sowie der Oberbürgermeister der Stadt Görlitz, Octavian Ursu, vertreten.

Aktuell ist die Oberlausitz von vielen Insolvenzen (Waggonbau Niesky), Abwanderungen und drohenden Verkäufen (Alstom-Werk in Görlitz) betroffen. Viele Unternehmen mussten aufgrund der hohen Energie- und Bürokratielasten Kurzarbeit anmelden. Das Firmensterben sei in vollem Gange, so Jochen Groß, Sprecher der Sektion Görlitz des Wirtschaftsrates der CDU e.V. Ferner finde die Lehrlingsausbildung kaum mehr in ländlichen Regionen, sondern in den Großstädten Sachsens statt, da diese für junge Menschen attraktiver seien. Der Osten Sachsens sei besonders stark von Überalterung betroffen – im Landkreis Görlitz seien aktuell 20 Prozent der Bevölkerung über 80 Jahre alt. Entsprechend reichten die Forderungen der Sektion vom Ausbau der Forschung für Innovationen der Zukunft über die Entlastung der kommunalen Haushalte bis zur schnellen Anerkennung ausländischer Abschlüsse für Hochqualifizierte, wie zum Beispiel für Ärzte.

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Jochen Groß bei seiner Eröffnung (Foto: Wirtschaftsrat)

Prof. Dr. Roland Koch war ehemals als einer der „Jungen Wilden“ und damit als kritischer Geist der Union bekannt. Zunächst betonte er die positive Entwicklung Sachsens seit dem Jahr 1990. So habe der Freistaat gute Bedingungen hinsichtlich Bildung, Infrastruktur bzw. Erreichbarkeit aufgebaut. Die Voraussetzungen für den Mobilfunkstandard 5G seien im Übrigen in Dresden entwickelt worden. Der jüngste große Spatenstich des Chip-Produzenten TSMC werde Impulse nicht nur für Dresden, sondern für eine ganze Region setzen. Als „gefährlich“ stufte Koch hingegen eine Situation ein, wie sie aktuell durch die Ampelregierung in Berlin vollzogen werde. Leute wie Robert Habeck meinten, die Zukunft planen zu können, müssten aber zwangsläufig irren, da niemand die Zukunft kenne. Politische Strategien, die planwirtschaftlich ausgelegt seien, hätten ein entsprechend hohes Risiko zu scheitern.

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Konservativismus bedeute keinesfalls, nur das Vergangene bzw. Aktuelle zu bewahren, so Koch. Vielmehr dürften die Werte und auch die Leitkultur in Deutschland als Basis dienen, um in kleinen Schritten Anpassungen – fußend auf diesem Wertekanon – an die politische und wirtschaftliche Realität vorzunehmen. Der Union komme diesbezüglich eine wichtige Ankerfunktion zu. Es gelte also, das eine zu tun (Anpassung an die aktuellen und künftigen Gegebenheiten), ohne das andere zu lassen (Bewahrung unseres Wertesystems). Auf diese Weise könnte in Deutschland der Zerfall einer konservativen Volkspartei, wie die Union es sei, verhindert werden. Denn in Ländern wie Frankreich, Italien und in den Niederlanden sei dies nicht gelungen, da dort der konservative Markenkern im geschilderten Sinne anderen, extremeren politischen Kräften überlassen worden sei. Es komme also auf „ein gewisses Maß an Sicherheit in einer sich immer schneller verändernden Welt“ an.

Man solle sich auch wieder die Frage stellen, was der Einzelne zum Wohle der Gesellschaft beitrage (China) und nicht nur, was die Gesellschaft zum Wohle des Einzelnen (Deutschland) tue, denn der Staat könne nicht alles regeln. Ganz klar und wichtig dabei sei, die Würde des Menschen im Mittelpunkt zu behalten, so wie das richtigerweise im Grundgesetz verankert sei. Die Frage nach der Menschenwürde ist für Prof. Dr. Roland Koch eine Frage der politischen Zugehörigkeit. Für all dies brauche es jedoch Verlässlichkeit und Sicherheit. Beides sei aktuell in Deutschland nicht mehr in vollem Umfang vorhanden. Für die Erfüllung beider Kriterien sieht Koch die Familie als überaus wichtig an, denn von dort komme – zumindest bei intakten Verhältnissen – die erste Unterstützung. Mit einer intakten Familie werde die jeweilige Umgebung berechenbarer und man gewinne an innerer Sicherheit. Die äußere Sicherheit müsse jedoch der Staat garantieren.

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Dr. Matthias Rößler MdL, Sächsischer Landtagspräsident, während der Diskussionsrunde (Foto: Wirtschaftsrat)

Für die anstehende Landtagswahl gab Prof. Dr. Roland Koch dem Publikum mit auf den Weg, dass je rechter man wähle, umso linker die Landesregierung werde, da die AFD keinen Koalitionspartner („Brandmauer“) finde und die Union entsprechend nach links Ausschau halten müsse, um eine Regierung zu bilden. 


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Jürgen Groß bedankt sich nochmals bei Prof. Roland Koch für dessen Besuch in der Sektion Görlitz (Foto: Wirtschaftsrat)