Wirtschaftsrat Sachsen im Gespräch mit Oliver Schenk, Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien
Zum zweiten Mal hieß es beim Wirtschaftsrat Sachsen „Nachgefragt“. Oliver Schenk, Staatsminister für Bundesangelegenheiten und Medien, sprach über ein verändertes Politikerdasein sowie darüber, was die globalen Machtverschiebungen für Europa bedeuten.
v.l.n.r.: Dr. Dirk Schröter, Landesvorsitzender des Wirtschaftsrates Sachsen; Oliver Schenk, Chef der Sächsischen Staatskanzlei und Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten (Foto: Wirtschaftsrat)
In der neuen Reihe „Nachgefragt“ stellte der Landesvorsitzende Dr. Dirk Schröter dem Chef der Sächsischen Staatskanzlei und Staatsminister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie dem Spitzenkandidaten der Sächsischen Union für die Europawahl Oliver Schenk zunächst die Frage, wie sich das Politikerdasein verändert habe. In dem Zusammenhang wurden u. a. die jüngsten Gewaltakte gegenüber Politikern und Wahlhelfern in Dresden thematisiert. An dem Buch „Zeitenwende in der Weltpolitik“ von Sigmar Gabriel aus dem Jahr 2021 sei zu erkennen, dass der Begriff „Zeitenwende“ kein neuer in der SPD sei und dass der Untertitel „Mehr Verantwortung in ungewissen Zeiten“ das Credo zu sein scheine, welches wir heute brauchen.
Staatsminister Oliver Schenk betonte, dass aktuell wesentlich mehr Kommunikation mit den Bürgern notwendig sei als früher. Diese Kommunikation betreibe Ministerpräsident Michael Kretschmer in vorbildlicher Weise. Die Politiker der 1990er-Jahre – in den Anfangszeiten nach der Wiedervereinigung – waren eher pragmatische Denker und die Parlamente bestanden noch in großer Zahl aus Ingenieuren und unternehmerischen Machern. Hingegen rekrutiere sich heute die Hälfte der Abgeordneten aus dem öffentlichen Dienst, vielmals mit Gewerkschaftsbuch bzw. direkt aus den Parteien ohne Berufserfahrung. Dies allein bewirke ein anderes Agieren der Politik – zudem habe man es heute mit einer ganz anderen Generation von Politikern zu tun.
(Foto: Wirtschaftsrat)
Die Konflikte auf der Welt nähmen zu. Dies führe zwangsläufig zur europäischen Frage und damit zur Bedeutung der EU. In Europa leben heute lediglich 7 % der Weltbevölkerung, in Deutschland 1 %. Hinzu komme die Bestrebung des globalen Südens, die Dominanz des Westens zu brechen. Ein weiteres Indiz für die machttektonischen Verschiebungen sei das Erstarken der BRICS-Staaten, was einen weiteren Stresstest für die West-Dominanz geostrategischer Interessen darstelle. Das chinesische Projekt der neuen Seidenstraße sei in vollem Gange – in Afrika werde heute bereits ein Großteil der Infrastruktur und der Häfen durch China kontrolliert. Mit diesem Druck aus den USA, aus Süd und Ost sei verbunden, dass ein starkes Europa zum langfristigen Bestand auch deutscher Interessen im globalen Geschehen unerlässlich sei. Europa brauche jedoch hierfür eine neue Stärke, eine neue und eigenständige Rohstoff- und Wirtschaftsstrategie. Auch dafür möchte sich Oliver Schenk in Brüssel einsetzen.
(Foto: Wirtschaftsrat)
Die anschließende Diskussion reichte von der Auslagerung der Produktion pharmazeutischer Erzeugnisse nach Asien über die Ansiedlung der beiden Großforschungsinstitute CTC und DZA in Sachsen bis zur Mikroelektronik und der Automobilindustrie in Sachsen.