Auf der Suche nach der "Eine-Million-Jahre-Lösung"
Videokonferenz der Sektion Kiel
Kein europaweiter Mülltourismus
Die Aufgabenstellung seiner Behörde sei eindeutig: „Wir suchen nach der besten Eine- Million-Jahre-Lösung“, so Kanitz. Denn während bereits feststehe, daß schwach- bzw. mittelradioaktives Material in einer Größenordnung von 330.000 Kubikmetern im Endlager Konrad bei Salzgitter ab 2027 eingelagert wird, sei bei der Lagerung der 30.000 Kubikmeter hochradioaktiven Materials noch alles offen. Es sei für ihn sinnvoll, daß „wir eine deutsche und keine europäische Lösung mit einem einzigen Lager für die Abfalllagerung bevorzugen.“ Es gehe darum, einen europaweiten Mülltourismus zu vermeiden.
Drei Phasen bis 2031
Kanitz zeigte auf, welche Anforderungen an die Lagerstätte, z.B. für Brennelemente aus dem Betrieb und Aufbereitung der Kernkraftwerke, gestellt werden. „Wir suchen nach geologischen Formationen in der Tiefe, die eine Sicherheit bieten gegen Vulkanismus, Erdbeben oder Hebungsbewegungen.“ Darüber hinaus wolle einen Standort finden, bei dem eine Bergbarkeit der Stoffe auch 500 Jahre nach Verschluß eines Bergwerkes möglich ist und das gleichzeitig auch wartungsfrei besteht. Kanitz: „Nachfolgende Generationen sollen nicht die Pflicht stehen, da wieder ran zu gehen.“ Die Finanzierung des Vorhabens sei durch eine Stiftung mit einer Einlage von aktuell 24 Milliarden Euro vorgesehen.
Ab Herbst wird es spannend
Die Findung des besten Standortes soll in drei Phase erfolgen: Aktenstudium, Erkundung an der Oberfläche mit ersten Bohrungen und zum Abschluß Untersuchungen unterhalb der Oberfläche mit mindestens mit einem Bergwerk. Kanitz: „Wir sind voraussichtlich bis zum Herbst dieses Jahres fertig mit der Datensammlung aus den Unterlagen. Dann wird es eine erste Einteilung geben, welche Regionen weiter in Frage kommen und detaillierter betrachten werden sollen.“
Allen Beteiligten sei bewußt, daß die Standortsuche nach möglichst objektiven und unter politischen Gesichtspunkten erfolgen soll. Kanitz: „Wir arbeiten nach einer Vorgabe der Endlagerkommission, in der 30 Mitglieder aus allen gesellschaftlichen Bereichen festgelegt haben, wie das Auswahlverfahren des Standortes wissenschaftsbasiert und transparent umgesetzt werden soll.“ Dieses Verfahren setzte darauf, daß „wir immer wieder die gewonnenen Erkenntnisse hinterfragen, um dann zu einem optimalen Vorschlag zu kommen.“
Fachkonferenzen als Prüfinstanz
Kanitz zeigte auf, was ab Herbst als nächstes geplant ist. „Es wird dann Fachkonferenzen geben, bei dem unsere Untersuchungsergebnisse auf den Prüfstand kommen“. Ziel sei es dann, Regionen festzulegen, bei denen genau angesehen werde, ob es Aspekte von schützenswerten Kulturgütern oder mit Blick auf den Wasserschutz an der Oberfläche gebe. Die dann ermittelten Regionen sollen dann in der Phase zwei ab Anfang 2023 weiter untersucht werden. Kanitz: „Wir wollen für Stück für Stück über ein wissenschaftsbasiertes Verfahren die besten Entscheidungsgrundlagen für die Politik liefern.“ Ob bei den Fachkonferenzen auch Regionen aus Schleswig-Holstein ein Thema seien, dazu wollte sich Kanitz nicht äußern. Diplomatisch antwortete er: „Aktuell sind noch nicht alle Ausschlußkriterien festgelegt.“ „Alle wissen, daß wir eine Lösung brauchen. Alte Konflikte spielen keine Rolle mehr“.
Steffen Kanitz zur Endlagersuche
Aus seiner Sicht werde auch die Frage, was ein Endlager tief unter der Erde für eine Region strukturpolitisch bedeute werde, noch zu betrachten sein. „Das gibt signifikante Beschäftigungseffekte über einen sehr langen Zeitraum. In Schweden haben sich zehn Regionen sogar als Endlagerstandort beworben“, so Kanitz.
Der Diplom-Kaufmann ist überzeugt, daß der Zeitplan bis 2031 eingehalten werden kann und am Ende eine Standortentscheidung steht, „die einen breiten Konsens hat“. Kanitz: „Alle wissen, daß wir eine Lösung für die Hinterlassenschaften brauchen. Da spielen alte Konflikte, wie es sie bis zur Entscheidung über den Ausstieg aus der Kernkraft 2011 gab, keine Rolle. / Holger Hartwig