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Bericht
16.10.2024
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„Der Nahost-Konflikt wirkt wie ein Brandbeschleuniger“

Diskussionsveranstaltung der Sektion Rendsburg-Eckernförde mit Verfassungsschutzleiter Dr. Torsten Holleck
©Wirtschaftsrat

Angesichts der Nachrichtenlage im In- und Ausland, vor dem Hintergrund von Krieg und Terrorismus sowie zunehmendem Antisemitismus und Rechtsradikalismus fragte die Sektion Rendsburg-Eckernförde: Wie sichern wir die politische Stabilität in Schleswig-Holstein? Im Amt Hüttener Berge diskutierten die Mitglieder des Wirtschaftsrates darüber mit Ministerialdirigent Dr. Torsten Holleck, Abteilungsleiter Verfassungsschutz im schleswig-holsteinischen Innenministerium.

Amtsdirektor Andreas Betz stellte als Gastgeber das Amt Hüttener Berge vor und zeigte auf, wo auch er und seine Mitarbeiter mit potenziell gefährlichen Situationen in Berührung kommen: etwa beim Reichbürger-Camp in Owschlag, bei Flüchtlingen mit Verdacht auf Kontakt zum IS, bei Anfeindungen gegenüber dem Ehrenamt sowie Verleumdungen und Beleidigungen. Holten Gefährder ihre Ausweise im Amt ab, sei Sicherheitspersonal vor Ort, und die Kollegen hätten einen Knopf am Schreibtisch, um einen stillen Alarm auszulösen. Auch die IT-Sicherheit sei ein Thema: Die Server des Amtes befänden sich seit Ende 2023 in einem zertifizierten Rechenzentrum von Dataport und nicht mehr im Keller des Amtsgebäudes.

Auf die einleitende Frage, was er und seine Kollegen vom Verfassungsschutz gegen die Bedrohungen von innen und von außen tun können, machte Dr. Torsten Holleck gleich zu Beginn seiner Ausführungen klar: „Wir machen keine Politik. Wir beraten die Politik. Entscheidungen muss die Politik treffen.“ Er stellte zugleich einen Bezug zur Wirtschaft her: Angesichts einer gefühlten Bedrohung durch die Kriege in der Ukraine und Nahost sowie dadurch gestiegene Energiepreise fragten sich Unternehmer, auf welcher Basis sie unternehmerische Entscheidungen treffen sollten.

Die Fragen, die sich seine Behörde daher stellen müsse, seien: Gibt es Gefahren? Welche ist eine akute Bedrohung? Und wie kann gegen diese vorgegangen werden? Verfassungsfeindliche Bedrohungen, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung (definiert durch Menschenwürde, Demokratieprinzip und Rechtsstaatlichkeit) richteten, gingen aus von

•      Rechtsextremismus,

•      Islamismus und islamistischem Terrorismus,

•      Spionage,

•      Linksextremismus,

•      Extremismus mit Auslandsbezug.

Diese Bedrohungen stellten eine Gefahr für den Wirtschaftsstandort Deutschland dar.

Auf den Rechtsextremismus ging Dr. Torsten Holleck im Folgenden ausführlicher ein. Dieser zeige sich mittlerweile als „Neue Rechte“ nicht mehr mit Bomberjacke und Springerstiefeln wie in den 1990er-Jahren. Die Szene verzeichne seit 2021 einen sprunghaften Anstieg und sei insbesondere im Großraum Kiel präsent, aber im bundesweiten Vergleich immer noch vergleichsweise klein.

Ähnlich wie der Rechtsextremismus wollten auch der Islamismus und der islamistische Terrorismus die Gesellschaftsordnung ändern, teils auf legalem Weg (legalistischer Ansatz), teils mit Gewalt. Auf die islamistische Szene habe der erneute Ausbruch des Nahostkonflikts wie ein Brandbeschleuniger gewirkt.

Im Bereich der Spionage beobachte der Verfassungsschutz eine starke Zunahme russischer Aktivitäten, die auch Desinformation einschließe. Gleiches gelte für China und den Iran. Spionage in Unternehmen finde dabei nicht allein durch Hacker statt; zunehmend seien sogenannte „Gastforscher“ ein Problem, die vor Ort Informationen sammeln würden. Der Verfassungsschutz berate auch Unternehmen hinsichtlich möglicher Bedrohungslagen.

Auf die Frage, was der Verfassungsschutz benötige, um die aktuelle wie künftige Bedrohungslage beherrschen zu können, antwortete der Verfassungsschützer: mehr Personal und mehr Befugnisse. Denn würden die Probleme heute nicht angegangen, bräuchte man in Zukunft nur umso mehr Personal.