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Bericht
06.09.2018
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Deutsche Afrikapolitik im Auftrieb

„Es ist schade, daß erst die Flüchtlingskrise den Blick der Bundesregierung intensiver auf unseren südlichen Nachbarkontinent gerichtet hat“, so Dr. Stefan Liebing, der als Präsident des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft gerade von der Afrikareise mit der deutschen Kanzlerin zurückgekommen ist, „aber die jetzt von der Kanzlerin ausgehende Dynamik macht Hoffnung, die riesigen Chancen zukünftig besser mit dem deutschen Mittelstand zu entwickeln.“
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Afrika leide in Deutschland auch unter den gängigen Klischees von Korruption und fehlenden Infrastrukturen, dabei gäbe es viele Großstädte mit deutlich besser ausgebauten Mobilfunk-netzen als in Deutschland, modernste Autobahnen und 54 verschiedene Länder, wobei Angola gerade radikal mit alten Strukturen aufräumt, Äthiopien seit Jahren wirtschaftliche Wachstums-raten über zehn Prozent ausweist und Nigeria bei der Einwohnerzahl gerade dabei ist, die U.S.A. zu überholen, Tendenz weiter stark steigend. „Die Flüchtlingskrise werden wir in Europa durch keine noch so hohen Zäune in den Griff bekommen. Wir müssen daran mitwirken, daß vor Ort wirtschaftliche Entwicklung stattfindet und vernünftige Arbeitsplätze für die lokale Bevölkerung entstehen“, ist sich Liebing sicher.

Das Problem: Von den 400.000 im Ausland tätigen, deutschen Unternehmen sind bisher nur 1.000 überhaupt in Afrika engagiert. Die DAX-Konzerne haben die enormen Wachstumsmärkte schon lange erkannt, können größere Risiken nehmen und besser beherrschen als der Mittelstand, ohne den die deutsche Wirtschaft jedoch nur sehr begrenzt ihre große Kraft entfal-ten könne. Es brauche dafür keine Subventionen, aber die Risiken von Geschäften sollten abgesichert werden, indem Deutschland Ausfallbürgschaften gewährt, die gegenüber dem jeweiligen Staat dann gegebenenfalls an anderer Stelle geltend gemacht werden können. Die Chinesen böten im Gegensatz zu Deutschland ihre Paketlösungen aus einem Guß an, wobei sie dabei allerdings auch ihre eigenen Arbeiter mitbrächten und damit deutlich weniger Wertschöpfung für die heimische Bevölkerung ermöglichen.

Ein Mittelständler mit Afrikaunternehmungen berichtet, daß die afrikanischen Landwirte nur noch einen zehnprozentigen Marktzugang auf ihren heimischen Märkten hätten, während Milchpulver aus der Schweiz (deren Herstellung mit Frischwasser aus Äthiopien geschieht, das aus 800 m tiefen Brunnen gefördert und von der Schweizer Regierung hoch subventioniert wird) sowie Tomaten und Zwiebeln aus Holland dominieren. Dr. Liebing sieht den Grund dafür aber nicht in den Zöllen, die vielfach bereits abgeschafft worden seien, sondern eher in den europäischen Agrarsubventionen. Im deutschen Entwicklungshilfeministerium sei ein Umden-ken erkennbar, was erfreulich sei und mit der Afrikareise der Kanzlerin und im Zuge der G20-Konsultationen der Afrika-Agenda im Oktober weiteren Auftrieb erfahren wird.

Heinz Papenhagen, Kaffeehändler am Sandtorkai in Hamburg, berichtet von Kaffeeplantagen in Kenia, deren Bauern über seine Firma einen um 20 Prozent höheren Preis im direkten Verkauf erhalten würden. Mit einer zusätzlichen Spende an den Verein „Kedovo“ in Höhe von 0,35 Euro per kg Rohkaffee erhalte dieser Verein vor Ort die Möglichkeit, diverse Projekte zu fördern. Z.B. wurde eine Schule völlig renoviert, die Herstellung neuer Schulbänke ermöglicht, Schulkleidung für die Schulkinder angeschafft, Biogasanlagen gebaut, große Wassertanks an die Wohnhütten gestellt, Solarpaneele montiert und kürzlich eine Küche an der Schule gebaut, die eine Ganztagsverpflegung von 160 Schulkindern ermögliche. Die Kosten für diese Ganz-tagsverpflegung belaufen sich für ein Jahr inkl. der Personalkosten auf lediglich 6.700 Euro. Das ist flüchtlingspolitisch nicht viel Geld, schon gar nicht angesichts der 900 Millionen Euro, die das Ministerium laut Dr. Liebing allein im Jahr 2018 an zusätzlichen Entwicklungsbudgets erhält. Allerdings wächst die afrikanische Bevölkerung von etwa einer Milliarde Menschen jährlich um mehr als 20 Millionen, was wiederum viel erscheint vor dem Hintergrund, daß die 1.000 deutschen Unternehmen derzeit gerade einmal etwa 200.000 Arbeitsplätze in Afrika geschaffen hätten.

 

Hans-Werner Blöcker, der den kürzlich zum Honorarkonsul von Kamerun beförderten Redner eingangs als Mitglied im Sektionsvorstand begrüßt hatte, berichtete aus dem Weltjagdverband, daß Wildtiere am effektivsten geschützt werden, wenn die ansässige Bevölkerung für einen Abschuß bezahlt werden dürfe. Dann würde die heimische Bevölkerung Wilderei unterbinden und für Vermehrung sorgen. Das habe zum Beispiel das Drehhornschaf in Tadschikistan vor dem Aussterben bewahrt, inzwischen gäbe es in den abgelegenen Dorfregionen wieder über hundert Tiere. Die Zahlungsbereitschaft u.a. aus den U.S.A. für die Jagd auf ein einziges Tier in Afrika könne den Finanzbedarf für 15 Schulen decken. Ein totales Jagdverbot führe dagegen leichter zu unkontrollierter Wilderei und schließlich eher zum Aussterben bedrohter Wildtiere. / Dr. Bertram Zitscher