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Bericht
28.11.2023
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„Die Weltreserve für Getreide reicht für 100 Tage“

Betriebsbesuch der Sektion Nordfriesland bei der BAT Agrar in Husum
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Die markanten Getreidesilos der Firma Thordsen, heute Teil der BAT Agrar GmbH & Co. KG, gehören zur Silhouette der Stadt Husum. Die Mitglieder der Sektion Nordfriesland des Wirtschaftsrates Schleswig-Holstein hatten unter Leitung von Sektionssprecher Stephan Frense die Möglichkeit, hinter die Kulissen des größten Futtermittelhändlers zu blicken.                              

Jan Thordsen stellte sein Unternehmen zunächst vor. Hervorgegangen aus mehreren Fusionen (zunächst der Familien Thordsen, Arp und Rautenberg zur ATR und von dort durch den Zusammenschluss mit Beiselen zur heutigen BAT) zählt das Unternehmen heute bundesweit zu den führenden seiner Branche und ist auch in Dänemark, Polen und Österreich tätig. Das Akronym steht dabei für Betriebsmittel, Agrar und Tiernahrung, hat also mit den Familiennamen nichts mehr zu tun.

Mit 1.500 Mitarbeitern und mehr als 15.000 Produkten erwirtschaftet der Produzent von Tierfutter und Händler von konventionellen und ökologischen landwirtschaftlichen Betriebsmitteln einen Umsatz von 2,5 Milliarden Euro. Mehr als 17.000 Kunden beziehen die Produkte aus sieben Mischfutterwerken und an über 100 Standorten.

Jährlich werden eine Million Tonnen Mischfutter erzeugt, 4,5 Millionen Tonnen landwirtschaftliche Erzeugnisse verarbeitet und 2,1 Millionen Tonnen Düngemitteln gehandelt. Der Handel mit Pflanzenschutzmitteln erwirtschaftet 370 Millionen Euro, der Saatguthandel 170 Millionen Euro und der Bereich Haus & Garten 50 Millionen Euro. BAT ist damit der größte Saatguthändler Deutschlands.

Die Gruppe betreibt vier eigene, unter deutscher Flagge fahrende Schiffe mit Kapazitäten von 1.600 bis 3.000 Tonnen. Um damit das Werk in Husum auch künftig anfahren zu können, muss der Husumer Hafen auf seine ursprüngliche Tiefe von 4,70 m ausgebaggert werden, was nach einem jahrelangen verwaltungsrechtlichen Aufwand nun offenbar kurz vor der Umsetzung stehe. Ein noch größeres Logistik-Problem sei hingegen der große Fahrermangel. „Der LKW-Fahrer hat direkten Kontakt zu unseren Kunden. Da müssen wir uns auf zuverlässige Kräfte verlassen können“, betonte Thordsen.

Große Sorgen bereiten dem Firmeninhaber, der einer von fünf Geschäftsführern der BAT-Holding ist, die aktuelle EU-Agrarpolitik. Sie laufe darauf hinaus, dass einige der ertragreichsten Flächen der Erde stillgelegt oder nur extensiv bewirtschaftet werden sollen. Thordsen zeigt sich alarmiert: „Die Welt produziert keine Getreide-Überschüsse mehr! Wir leben von den Beständen. Und die reichen weltweit aktuell nur für 100 Tage.“ Er folgerte und forderte daher: „Die Produktion muss intensiver werden, nicht extensiver!“

Betrachte man Europa als ein einziges Land, so produzierten weltweit gesehen nur sieben Länder 75 % aller Getreideexporte. Bezogen auf Weizen seien es sogar nur sechs Länder. Wie groß diese Konstellationen für den Weltmarkt sind, habe man beim Ausbruch des Ukrainekrieges gesehen, als die beiden Großproduzenten Russland und Ukraine betroffen waren.

Der New Green Deal der EU führe zu einem Rückgang der Produktion, wobei der Effekt auf die CO2-Reduktion sogar negativ sei, denn für jeden stillgelegten Hektar in Europa seien drei Hektar in einem Land des globalen Südens erforderlich, da die Produktion beispielsweise in Brasilien weniger effektiv sei als hierzulande.

Thordsen stellte fest: „Wir werden zum Netto-Importeur.“ Und ein Rückgang der Weltproduktion führe zu Mangel, Hunger und Tod in den ärmeren Weltregionen.