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Bericht
22.05.2018
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EU-Datenschutzgrundverordnung: Sinnvolle Rechtsvereinheitlichung oder Bürokratiemonster?

Dr. Frank Markus Döring, Sozius der Kanzlei Jensen Emmerich GbR, hat sich in den letzten Jahren auf rechtliche Fragen bei der Umsetzung der Datenschutzgrundverordnung spezialisiert. Sein Fazit: Leider ist es wieder ein Bürokratiemonster geworden, auch durch die bundespolitischen Verschärfungen.
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Die gut zwanzig Veranstaltungsteilnehmer wußten worum es geht, denn sie alle hatten sich in den letzten Monaten mit der Inkraftsetzung der Verordnung am 25. Mai 2018 in ihren Unternehmen auseinandersetzen müssen. Dennoch kannte niemand alle Facetten, denn der Regulierungsgegenstand ist äußerst komplex. Positiv an der neuen Verordnung erscheint erst einmal, daß sie den föderalen Wust an Landesdatenschutzgesetzen auflöst und zugleich alle anderen Länder der Europäischen Union mitnimmt. So sei Irland als Heimstatt der gesammelten u.s.-amerikanischen Internetriesen ebenfalls betroffen.

Allerdings hat nur Deutschland die Durchsetzung dadurch verschärft, daß Wettbewerber oder Wettbewerbsvereine die Einhaltung mit teuren Abmahnpraktiken überwachen. Schon immer eine deutsche Besonderheit, so Dr. Döring, die jetzt neuen Nährboden erhält. Er rate inzwischen teilweise dazu, die Abmahnungen nicht zu akzeptieren und vor Gericht zu gehen. Das könnte zwar im ersten Schritt teurer werden, aber im Wiederholungsfall drohten dann nicht Vertragsstrafen in einer Höhe mehrerer tausend Euro, sondern nur Ordnungsgelder, die dann an das Gericht zu zahlen seien, weshalb der Abmahnverein keine Anreize zur Abmahnung mehr habe.

Der deutsche Gesetzgeber habe aber auch die Pflicht für einen Datenschutzbeauftragten deutlich verschärft. In Deutschland reiche es, wenn neun Mitarbeiter in einem Unternehmen Datenverarbeitung machen, was praktisch den gesamten Mittelstand treffe. Und der Markt für Datenschutzbeauftragte sei derzeit leergefegt, so Dr. Döring, der allerdings darauf hinweist, daß man diese Position bei geringen Qualifikationsanforderungen auch intern besetzen könne. Allerdings erhalte die Person dann Kündigungsschutz, was auch nicht immer gewollt sei, weshalb eine Befristung naheliegen könnte.

Je tiefer man in der anschließenden Diskussion in die Details einstieg, desto kritischer erschien das ganze Werk. Die Informationspflicht gegenüber unbekannten Anrufern, deren Daten man aufnehmen möchte, sei praktisch unmöglich, wenn man nicht erst einmal eine Bandansage schalten möchte, die jeder Anrufer sich anhören möge. Telefonanlagen mit automatischer Nummernspeicherung seien im Prinzip nicht mehr zulässig, denn Telefonnummern seien häufig personenbezogene Daten. Und wie der in der Werbung gebräuchliche Adressdatenhandel zukünftig funktionieren könne, blieb weithin unklar. Einige Geschäftsmodelle wie die von Auskunfteien und ähnlichen Diensten dürften jedenfalls erheblichen Revisionsbedarf haben.

Kritisch dürfte die Verordnung auch für StartUps zum Problem werden, die zum einen die Bürokratie schwieriger stemmen können als etablierte Großunternehmen und zum anderen insgesamt auch schlechtere Möglichkeiten haben, für neue Produkte im Markt zu werben. Die Teilnehmer waren sich einig, daß die Bundespolitik schnellstmöglich zumindest die deutschen Verschärfungen annullieren sollte./BZ