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Bericht
26.11.2018
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Lehrkräfteversorgung in Schleswig-Holstein

Das Angebot war eindeutig – die Reaktion der Ministerin zurückhaltend. Beim Themenabend „Lehrkräfteversorgung in Schleswig-Holstein“ in Pinneberg griff Karin Prien, Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, nicht gleich zu, als ihr Dr. Peter Rösner, Vorsitzender der Landesfachkommission Bildung und Wirtschaft, anbot, landesweit kostenfrei eine
EDV-Lösung für mehr Transparenz beim Unterrichtsausfall zur Verfügung zu stellen. Die Ministerin lud Rösner anstelle dessen zu einem Gespräch ins Ministerium ein.
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Dort dürfte sich dann der Dialog über die Qualitätssicherung im Bildungsbereich fortsetzen, den die Ministerin und Wirtschaftsratsmitglieder zwei Stunden im Pinneberger Hotel Cap Polonio führten. Pinnebergs Sektionssprecher Jens Sander legte zu Beginn den Finger in die Wunde. Bildung und Humankapital seien zwar die wichtigste Ressource in Deutschland, aber „Lehrermangel und die Unterfinanzierung sind viel zu lange verschleiert worden.“ Es könne aus seiner Sicht einfach nicht sein, dass Eltern dann am Schuljahresende „eine Information bekommen, was alles nicht an Stoff vermittelt wurde.“ Es müsse gehandelt werden, damit die Zukunft nicht verspielt werde.

Ministerin Prien startete ihre Darstellungen, was ihr Ministerium in ersten Jahr Jamaika in Kiel auf den Weg gebracht hat und was geplant ist, mit einem Appell. „Wir dürfen den Beruf der Lehrer nicht weiter schlechtreden. Bei aller berechtigter Kritik: Wir haben großartige Lehrer.“ Gleiches gelte auch für die Mitarbeiter in Kindertagesstätten. Ihr Ministerium werdein den kommenden Jahren viel unternehmen, um den Beruf attraktiv zu halten: mehr Gehalt und mehr Stellen (in diesem Jahr 871), leichtere Einstiege für Seiteneinsteiger und dazu noch die Möglichkeit, dass jeder, der es wolle, Beamter werden kann. Prien: „Wir unternehmen viel, um die Ausfallstunden zu reduzieren.“ Ebenso würden mit Blick auf die sich wandelnden Anforderungen durch die Digitalisierung neu Weiterbildungsakzente gesetzt. Das schwere Erbe, das durch die Vorgängerregierungen übergeben wurde, können aber nur Stück für Stück abgearbeitet
werden. „Wir sind da für alle Vorschläge offen“, so die Christdemokratin. Im Bereich der Grundschulen sei die Unterrichtsversorgung heute bei 100 Prozent „und wir arbeiten weiter an Verbesserungen.“

 

Mittlerweile gebe es auch einen Vertretungsfonds mit 80 Lehrern, die als Feuerwehrkräfte bei Dauerkrankheiten aushelfen. Nächstes Ziel sei es, beim Ausfällen mehr Transparenz zu schaffen und die Schulverwaltung zu erleichtern. „Bis 2022 wollen wir landesweit eine neue Software, z.B. mit dem elektronischen Klassenbuch, aufgesetzt haben, die vieles erleichtern wird.“ Zudem arbeite man aktuell mit der Hochschule in Kiel daran, eine Applikation zu entwickeln, die den Bedarf an Lehrern und Fächern ermittelt. „So etwas gibt es bisher nicht, und wir hoffen, damit besser steuern zu können, für welche Fächer ausgebildet werden sollte.“

Für Dr. Peter Rösner, Vorsitzender der Landesfachkommission Bildung und Wirtschaft, waren die Darstellungen der Ministerien eine Steilvorlage. Er sprach sich dafür aus, dass Kinder und Eltern – wie in der Wirtschaft üblich – ein Qualitätsversprechen bekommen sollten. „Wenn diese Garantie nicht eingehalten werde sollte, besteht ein zugesicherter Anspruch auf Nachbesserung“, so Rösner. Um eine solche Garantie geben zu können, müsse über neue Wege nachgedacht werden. Er berichtete von einer Herangehensweise in Australien, wo im privaten Kindergartensystem eine Qualitätsgarantie gegeben werde. Dort werde vom Staat kontrolliert, ob der Betreuungsschlüssel eingehalten wird und Einrichtungen könnten jederzeit auf einen Fonds an gut ausgebildeten Feuerwehrkräften zu greifen. Diese seien dann allerdings deutlich teurer als festangestellte Kräfte. Er könne sich auch für Deutschland ein System der Pädagogen-Leiharbeit vorstellen, das qualitätskontrolliert sein sollte.


Mit Blick auf den Unterrichtsausfall verwies Rösner auf das Fehlstundenportal, das der Wirtschaftsrat von 2014 bis 2017 eingerichtet habe. Das habe Transparenz geschaffen. Er bot der Ministerin an, diese EDV-Lösung für die Überprüfbarkeit einer Mindestunterrichtsgarantie kostenfrei zur Verfügung zu stellen. „Damit kann schnell festgestellt werden, wo es
Schwierigkeiten gibt und es kann umgehend reagiert werden. Wir finanzieren das dauerhaft. Das schenken wir ihnen“, so Rösner. Es könne auch zunächst in einem Landkreis getestet werden. Die Ministerin griff nicht gleich zu. Sie will den weiteren Dialog. Rösner willigte ein.

/Holger Hartwig