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Bericht
26.03.2018
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Perspektivisch wuseln Geräte wie Ameisen über die Felder

Was ist zu tun, damit Schleswig-Holstein nicht nur ein traditioneller, sondern technologisch führender Agrarstandort bleibt?
©None

Diese Frage stand im Mittelpunkt einer Podiumsdiskussion der Sektion Plön/Ostholstein in der Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp. Das Besondere war dabei der Mix der Teilnehmer: Ein Praktiker, ein Wissenschaftler und ein Politiker. Alle drei waren sich einig: Der stetige Wandel
in der Landwirtschaft wird sich durch die Digitalisierung enorm beschleunigen. Künftig werden neben dem Ertrag als traditionellem Aspekt weitere Komponenten wie Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit die Qualität in der Tierhaltung und im Ackerbau ausmachen.

Nach der Begrüßung durch Sektionssprecher Karsten Kahlcke und dem Hausherrn, Landwirtschaftskammerpräsident Claus Heller, war es Magnus von Buchwaldt vom Gut Helmstorf vorbehalten, als Praktiker den Startschuß vor etwa 30 Zuhörern zu geben. Er berichtete von dem gemeinsamen Projekt „On-Farm-Research“ mit der Landwirtschaftskammer. Zehn Jahre lang wurden mit finanzieller Förderung der Kammer auf etwa 300 Hektar Versuche mit modernen Düngemitteltechniken, Saatverfahren und dem Einsatz von GPS-Sensoren bei der Bewirtschaftung gemacht. Buchwaldt: „Auch wenn die Auswertung der extrem großen Datenmengen aktuell noch nicht abgeschlossen ist, gibt es erste Erkenntnisse.“ So habe sich der Einsatz von Sensortechniken, beispielsweise bei Steuerung der Düngemengen, als verbesserungswürdig herausgestellt.
„Die Schnelligkeit bei der Datenverarbeitung und die Möglichkeiten der Einbindung von Ertragspotentialkarten müssen besser werden.“ Insgesamt fällt sein Fazit positiv aus, denn „wir hatten viel Resonanz aus der Landwirtschaft und konnten bei den Versuchsreihen auch
mehr Ertrag feststellen.“ Inwieweit der Mehrertrag trotz der Technikkosten für mehr Wirtschaftlichkeit sorge, müsse noch ausgewertet werden. Buchwaldt: „Fest steht: Die Innovationen bieten immer mehr Potenziale. Es ist wichtig, daß wir am Ball bleiben und auch die Anforderungsprofile in der Ausbildung und für die Mitarbeiter anpassen.“

Nach dem Praktiker folgte mit Professor Eberhard Hartung, Direktor des Instituts für landwirtschaftliche Verfahrenstechnik der Christian-Albrechts-Universität, der Wissenschaftler. Er machte deutlich, daß „wir in Schleswig-Holstein in der Forschung gut aufgestellt sind, aber
die Entwicklung der Landtechnik durch Unternehmen leider nicht bei uns stattfindet.“ Auch aus seiner Sicht werde ein Wandel im Denken die nächsten Jahre bestimmen. „Es geht heute neben dem Ertrag deutlich mehr um die Produktqualität und die Verträglichkeit für Umwelt
und Tiere.“ Auch könnten sich für die Landwirtschaft weitere Handlungsfelder, z.B. im Bereich Energieversorgung und Biodiversifizität, ergeben. Mit Blick auf die klassische Landwirtschaft wird nach Hartungs Worten die weitere Präzision die Herausforderung: „Mit fortschreitender Technik ist die zentrale Frage für Dünger und Futter: Wann muß wo wie was an wen gebracht werden?“ Dabei gehe es darum, mit Sensortechnik besser zu sein als das menschliche Auge, beispielsweise bei ersten Anzeichen von Pilzbefall oder Krankheiten. „Entscheidend ist, einzelne Techniken besser als heute zu vernetzen und so Entscheidungsunterstützung zu geben.“ Zudem müßten die Systeme „durch intuitive Bedienung bildungsneutral nutzbar sein“. Mit Blick auf die Zukunft sagte er voraus, daß bei Maschinen die technisch-ökonomischen Grenzen erreicht sind. „Perspektivisch sehe ich eher Geräte, die wie Ameisen über die Felder wuseln.“

Abgerundet wurde das Podium durch Dr. Michael von Abercron (CDU), der im Bundestag unter anderem im Ausschuß für Ernährung und Landwirtschaft sitzt. Der Politiker aus Elmshorn sprach über die Inhalte des Koalitionsvertrages. Die bisherige Politik mit der Entwicklung von der Planwirtschaft hin zur Wettbewerbslandwirtschaft werde fortgesetzt, so Abercron MdB. „Wir wollen die unternehmerische Landwirtschaft erhalten, nicht zu starke Regeln vorgeben und Innovationen durch steuerliche Entlastungen fördern.“ Neue Akzente würden in der Förderung gesunder Ernährung durch ein nationales Vergiftungsregister, Flexibilisierung der Sozialabgaben und Bürokratieabbau gesetzt. / Holger Hartwig