Podium I: Künstliche Intelligenz - wie schnell lernen Computer unsere Sprache?
4. CXO-Event Sylt
Der Mensch sei es, der mit der KI die Sprachdialog- und Antwortsysteme entwickle. „Beides ist eine gute Möglichkeit, mit den heutigen Wissensmengen gezielt und nutzerspezifisch umzu-gehen.“ Aus seiner Sicht müßte politisch und gesellschaftlich die Akzeptanz der Datenfreigabe auf Basis der Anonymisierung erreicht werden. Dr. Assadollahi: „Wir müssen aufhören, über Risiken zu jammern. Das Gestalten und das Heben der Potenziale der KI müsse Vorrang vor der Regulierung haben.“ Jedem müsse klar sein: Was in Deutschland begrenzt werde, komme zwangläufig aus den USA und „von dort wird es uns dann verkauft.“
Haftungs- statt Protektionsfragen beantworten
KI werde den Menschen nicht ersetzen, sondern sinnvoll ergänzen. Es gelte, alle Möglichkeiten z.B. in der Industrie und im Medizin- und Pflegebereich, zu nutzen. Dabei sollte, so der Experte später in der Diskussion, der Blick der Politik eher auf die Beantwortung von Haftungs- und Protektionsfragen gerichtet werden. Zudem sprach er sich gegen eine Kennzeichnungspflicht von KI-Sprache aus und forderte, gemeinsam dafür zu sorgen, daß die deutsche Sprache in der KI und der weiteren Entwicklung einen festen Platz finde. „KI in englischer Sprache läßt sich in den USA an 400 Millionen Menschen verkaufen. In Europa brauchen sie für die gleiche Zahl an Menschen 40 Sprachen.“ Deshalb brauche es in diesem Bereich eine europaweite Plattform.
Es gibt noch sehr viele Stolperfallen
Angst vor dem Einsatz der KI im Bereich der Sprache bzw. deren Übersetzung ist aus Sicht von Dr. Wolfgang Sturz, geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Management und Kommunikation (Stuttgart), nicht angebracht. Mit seinem Unternehmen Transline Gruppe GmbH gehört er in Deutschland zu den drei führenden Sprachdienstleistern bei Übersetzungs-projekten. Er stellte klar: „Die technischen Möglichkeiten sind bei weitem kein Ersatz für den Menschen. Die heutigen Ergebnisse sind beachtlich, aber es gibt noch sehr viele Stolper-fallen.“ Bis ein Diskurs oder eine Meinungsbildung mit übersetzter Sprache möglich werde, sei es noch ein weiter Weg. Die Kunden würden in der Regel keinen Wert auf die Kennzeichnung menschlicher Arbeit legen. „Es zählt das Ergebnis und nicht die Frage, wie es erzielt wird.“ Zudem müsse sich jeder bewußt sein, daß „sich Google alle verfügbaren Infos klaut und daraus ungefragt Übersetzungen macht“.
Gesundheitssektor steht noch am Anfang
Aus einem völlig anderen Blickwinkel schaute Dr. Ralf Wiederer (Hamburg) auf das Thema. Wiederer verantwortet bei den VAMED Rehakliniken (vormals Helios) das Qualitätsmanage-ment, koordiniert verschiedene Projekte der Digitalisierung der Prozesse in den Kliniken und arbeitet bei Smart Vamed an der Entwicklung digitaler Gesundheitsangebote. Er stellt fest, daß es im Bereich der Medizin und Pflege noch keine gute Datenanalyse bzw. -nutzung gebe. Die Branche sei mit Blick auf KI noch in der Vorbereitung. Es gelte, viele Basisfragen zu klären. „Wenn beispielsweise eine Maschine mit KI Daten produziert, wem gehören diese dann?“, so Wiederer. Die Patienten würden zwar unterschreiben, daß die Daten erhoben und genutzt werden dürfen, aber wie weit reiche diese Zustimmung? Er sehe perspektivisch viele Chancen. Entscheidend sei, diese verantwortungsvoll zu nutzen.
KI oder Experte? Dem Nutzer ist es egal
Für Frank Kübler, CEO der Leada AG (Stuttgart), geht es bei der Nutzung der KI darum, „Expertenwissen zur Anwendung zu bringen, ohne daß der Experte vor Ort ist“. Sein Unter-nehmen habe eine App für Führungskräfte entwickelt, die im Alltag individuelles Feedback zur Optimierung der Leistungsfähigkeit, dem Umgang mit Konflikten oder zur Regeneration oder Achtsamkeit gibt. Kübler: „Die Verantwortlichen haben ausreichend Wissen, wie man führt und lenkt und wollen es auch einsetzen. Aber in der konkreten Führungssituation ist das Wissen oft nicht entsprechend vorhanden.“ Mit neuen Technologien gelinge es, praktische und nützliche Angebote zu schaffen. Die Nutzer der App profitierten vom Wissen von 25.000 Experten, und die Empfehlungen würden bei Entscheidungen ernst genommen. Den Nutzer sei es egal, ob es sich bei den Antworten um das Ergebnis von KI handele oder eines Experten. Manipulativ sei die Nutzung der KI nicht, denn „wie und was gemacht wird, entscheidet am Ende der Nutzuer“.
Gemeinsame Datenplattformen schaffen
Offene Worte fand Dr. Michael von Abercron. Der CDU-Bundestagsabgeordnete überraschte in seinem Statement mit der Aussage zu der KI-Strategie des Bundes. „Wir müssen verstehen, daß wir nicht verstehen.“ Es sei lediglich definiert, daß man bei der KI eine führende Rolle spielen wolle und dabei der Mensch immer die letzte Entscheidung behalten müsse. Das Aufgabenfeld sei groß und fange beispielsweise mit erforderlichen Anpassungen im Grund-gesetz an. Dieses berücksichtige die neuen technologischen Möglichkeiten bisher nicht. Zudem müsse es darum gehen, gemeinsame Plattformen für Daten zu schaffen und gleich-zeitig die Frage am Eigentum der bereitgestellten Daten zu beantworten. „Der Bund prüft der-zeit, wie so etwas realisiert werden kann“, so der Christdemokrat aus Elmshorn. / Holger Hartwig