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Bericht
07.12.2020
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Regionale Banken fordern differenziertere Maßnahmen

Wirtschaftsrat Plön/Ostholstein diskutiert über Corona-Regulierungen für die Finanzwirtschaft

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Bei der Corona-Pandemie stehen die direkten Auswirkungen auf die Wirtschaft meist im Mittelpunkt. Die Folgen für den Bankensektor werden selten betrachtet. Doch: Die regionalen Banken als Partner des Mittelstandes machen sich Sorgen. Sie befürchten, dass die für das Jahr 2020 verordneten und für das Jahr 2021 geplanten Maßnahmen der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Bankenaufsicht (BaFin) gravierende Folgen haben werden. Erforderlich sei, dass jetzt genauer hingesehen werde als im Jahr 2020, falls beispielsweise ein verlängerter Verzicht auf Dividendenauszahlung als Maßnahme angedacht werde, was offenbar überlegt werde.

 

In einer Webkonferenz mit dem Titel Dividendenverzicht: Wenn der Staat hilft – gute Regulierung, sicherer Standort“ beschrieb Lothar Binding, Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages, die Gründe für die in den vergangenen Monaten ergriffenen Maßnahmen. „Erstes Ziel war es, die Verlustabsorption zu verbessern. Das ist erreicht worden. Zweites Ziel war, die Kreditvergabe zu stärken. Auch das ist gelungen“, so der Sozialdemokrat. Dabei seien auch die Haftungskaskaden bei Insolvenzen betrachtet worden, weshalb er insgesamt die Wahrnehmung habe, dass die ergriffenen Maßnahmen zielführend waren.

 

Von Seiten der Bankenvertreter wurde bemängelt, dass es auf europäischer (Ebene und auch auf nationaler Ebene ein pauschales Verbot zur Auszahlung von Dividenden für das Jahr 2019 gegeben hat) und nationaler Ebene zwar nur eine pauschale Empfehlung zur Auszahlung von Dividenden für das Jahr 2019 gegeben hat, diese aber bei Nichteinhaltung mit möglichen zusätzlichen regulatorischen Maßnahmen versehen worden ist. Für die kleineren Institute wird die Dividendenzahlung seit dem Oktober 2020 durch die nationale Aufsicht toleriert. Die pauschale "Empfehlung" zum Verzicht auf die Dividendenzahlung, die faktisch einer Anordnung gleich kam, entbehrt jeder rechtlichen Grundlage auf europäischer als auch auf nationaler Ebene. Die Aufsicht hat sehr wohl die Möglichkeit institutsspezifisch Dividendenauszahlungsverbote anzuordnen. Durch solche Maßnahmen wird sehr schnell offensichtlich, dass einzelne Banken bezüglich ihrer Eigenkapital- und Rentabilitätssituation kritischer von der Bankenaufsicht bewertet werden als andere Institute. Um diesen Eindruck zu vermeiden, hat man sich für (ein pauschales Verbot) eine pauschale Empfehlung , verbunden aber mit weiteren regulatorischen Maßnahmen bei Nichtbeachtung entschieden. Damit werden alle Banken - auch ertragsstarke und eigenkapitalstarke Banken - in Geiselhaft genommen.

 

Ein solches Vorgehen greift in die Grundrechte der unternehmerischen Selbstbestimmung ein und führt zu einem erheblichen Vertrauensverlust. (Dabei ist der Stil des Umgangs mit den begründeten Hinweisen der Banken und Bankengruppen von hoher Bedeutung und stark verbesserungswürdig.) Zudem ist nach Meinung der Bankenvertreter der Stil und die Kommunikation der Bankenaufsicht mit den Banken bzw. Bankensektoren stark verbesserungswürdig. Wichtig ist es, für die folgenden, sicherlich schweren Jahre (unter möglicherweise "schwerer wirtschaftlicher See")Regelungen zu finden, die den Einzelsituationen der Bankensektoren gerecht werden. Den Teilnehmern der Diskussion war sehr bewusst, dass die Politik in diesen Tagen besondere Herausforderungen mit Blick auf die Pandemie zu bestehen hat. Hierfür gibt es keine Blaupause. Eine Differenzierung ist jedoch erforderlich und bietet Orientierung.

 

Die Bankenvertreter machten deutlich, dass weiter verschärfende aufsichtsrechtliche Anforderungen u.a. im Bereich der NPL (Non-Performing Loans) sowie im Bereich der zusätzlich erforderlichen Abgaben von unterjährlichen Verlustmeldungen zu Verschärfungen führen. Einzelne, aufsichtsrechtliche Maßnahmen können in einer Krise prozyklisch wirken und den Krisenmodus so noch verstärken. Genossenschaftsbanken und Sparkassen stellen die wichtigsten Finanzierer für den deutschen Mittelstand dar. Die unterschiedlichen Rechtssysteme und die unterschiedlichen Möglichkeiten der Sicherheitenverwertung in Europa, dürfen nicht zum Maßstab der aufsichtsrechtlichen Regulierung erhoben werden.

 

Nachvollziehbare Entscheidungen der Aufsicht gefordert

 

Für die Zukunft ist es wichtig, dass die Aufsicht nachvollziehbare aber hinsichtlich ihrer Auswirkung auch differenzierte Entscheidungen trifft. Diese sollten sich z. B. an folgenden Kriterien orientieren: Rentabilität, die Eigenkapitalstärke sowie die Stressresistenz jedes einzelnen Institutes und auch der Bankensektoren. Nur so kann erreicht werden, dass Volks- und Raiffeisenbanken und der Genossenschaftssektor insgesamt auch weiterhin ein verlässlicher Finanzierungspartner des Mittelstandes sind. Längerfristig ausgesprochene Dividendenverbote führen zu einer erheblichen Verteuerung der Eigenkapitalbasis und zehren mögliche Vorteile aus dem Einbehalt von Dividenden bei weitem auf. Am Ende wird die Rechnung dann deutlich teurer werden.

 

Herr Binding MdB wurde als aufmerksamer Zuhörer wahrgenommen und nahm die Anregungen auf. Er kündigte an, diese Themen in seinen Gesprächen mit den zuständigen Stellen aufzunehmen und bot den Vertretern der regionalen Banken an, sich gern mit Sorgen und Vorschlägen direkt an ihn zu wenden.

 

Von Holger Hartwig, Agentur Hartwig3c (Hamburg)