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Bericht
05.02.2018
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Rekommunalisierung versus Mittelstandsoffensive

Die Umsätze kommunaler Unternehmen sind in den letzten 15 Jahren bundesweit um 111 Prozent gewachsen, während das Bruttoinlandsprodukt um 33 Prozent gewachsen ist. Die Kehrseite ist, so Herwart Wilms, Vizepräsident des Verbandes Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE), sowie Geschäftsführer der REMONDIS Assets and Services GmbH & Co. KG, daß dieses stark überdurchschnittliche Wachstum auf Kosten der privaten Anbieter gehe.
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Auch in Schleswig-Holstein haben sich die Marktanteile in den letzten zehn Jahren um über 10 Prozent zugunsten der Kommunen verschoben, die im Bereich der Müllsammlung und Transporte inzwischen 66,3 Prozent des Marktes selbst bestellten. Noch dramatischer seien die Verschiebungen um 24 Prozent in Sachsen-Anhalt. Er mache insgesamt die Erfahrung, daß in links regierten Regionen, die eher zu den Ärmeren zählten, der Trend zur Verstaat-lichung besonders groß sei. Die Folge seien verminderte kommunale Steuereinnahmen, da die öffentlich-rechtlichen Gesellschaftsformen von der Mehrwert-, Körperschaft- und Gewerbe-steuer befreit seien. Außerdem seien die Eigenleistungen häufig ausschreibungsfrei und unterlägen damit nicht mehr dem Wettbewerb. Die Konsequenz seien nicht wettbewerbsfähige Leistungen, die zu überhöhten Kosten und verringerten Qualitäten angeboten werden können. Die Hürden für kommunale Unternehmen würden dennoch flächendeckend gesenkt, in Schleswig-Holstein zuletzt durch die Novelle aus dem Jahr 2016. Ohne Wettbewerb werde auch kein technischer Fortschritt angestachelt, während die privaten Anbieter ob der zunehmenden Marktverdrängung verunsichert seien.

Dr. Andreas Tietze MdL, Vorsitzender im Wirtschaftsausschuß des schleswig-holsteinischen Landtags, hat dafür Verständnis. Insbesondere die fehlende Innovationsfähigkeit leuchte ihm ein. Auch hätten sich in der Praxis der Umsetzung der Novelle einige Schwierigkeiten gezeigt.
Zudem habe sich die Jamaika-Koalition das Ziel einer mittelstandsfreundlichen Politik gesetzt. Deshalb bereite man eine Mittelstandsoffensive vor, die nicht nur eine Abschaffung des Korruptionsregisters einschließen würde, sondern auch die Grenze für kommunale Unternehmen feiner nachjustieren soll.

In der anschließenden Diskussion verweist Dr. Benjamin Pfannkuch auf die anstehende Neureglung der Unterschwellenvergabeverordnung und plädiert für eine Abschaffung des Tariftreuegesetzes.

 

Erwin Braatz sieht den größten Hebel in einer zukünftigen Mehrwertsteuerpflicht kommunaler Unternehmen, die bereits auf dem europäischen Weg beschlossen sei. Das mache auch generell Hoffnung, findet abschließend Wilms, allerdings sei die Kreislaufwirtschaft als einziger Sektor explizit ausgenommen. Dabei verkenne man, daß gerade die Kreislauf-wirtschaft, die schon aus umweltpolitischen Motiven insbesondere Kupfer und Kobalt zurück-gewinnen sollte, innovations- und investitionsfreudig sein müsse, um die umweltschädliche Rohstoffgewinnung möglichst überflüssig zu machen. / BZ