„Schleswig-Holstein ist ein Kulturland“
Auch der Kulturbetrieb hat eine wirtschaftliche Komponente und stellt einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar. Grund genug für den Wirtschaftsrat Schleswig-Holstein, hinter die Kulissen des weit über die Landesgrenzen hinaus bekannten Schleswig-Holstein Musik Festivals (SHMF) zu blicken. Landesvorsitzender Dr. Christian von Boetticher konnte im Vorfeld eines gemeinsamen Konzertbesuchs in Rendsburg hierzu den Festival-Intendanten Dr. Christian Kuhnt begrüßen und stellte in seinen einleitenden Worten fest: „Schleswig-Holstein ist Kulturland!“.
Dr. Kuhnt nutzte die Gelegenheit, in seinen Ausführungen auf die Ursprünge des SHMF hinzuweisen. Allgemein bekannt sei natürlich, dass die Gründung untrennbar mit dem Namen Justus Frantz verbunden sei. Ausgangspunt sei 1985 aber eine Bürgerinitiative von 1.200 Menschen aus der Mitte der Gesellschaft gewesen, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, Musik auf höchstem Niveau aufs Land zu bringen, in Scheunen und Ställe. Den Kontakten und Beziehungen von Justus Frantz sei es dann aber zu verdanken gewesen, dass Leonard Bernstein kam und dem Festival einen enormen Schub mit 100.000 Besuchern im ersten Jahr verlieh. Von ihm ist der Satz überliefert „I can not even pronounce it, but I fell in love with Schleswig-Holstein“.
Mit der Etablierung eines Konzertfestivals, einer damals noch recht neuen Veranstaltungsform, bildeten Justus Frantz und der damalige Ministerpräsident Uwe Barschel aber auch eine Gegenbewegung zum wirtschaftlichen Trend im Land ab: Insbesondere die Textilindustrie und der Schiffbau waren in den 1980er Jahren im Niedergang begriffen. Kultur sollte dagegen einen positiven Imagetransfer liefern.
Anders als landeseigene Kultureinrichtungen werde das SHMF nicht voll vom Land finanziert, betonte der Intendant: „Das war nie so, das ist nicht so und das wird auch in Zukunft nicht so sein“. Vielmehr sei das Budget von 12 Millionen Euro zu 90 Prozent eigenfinanziert, 60 Prozent davon stammten allein aus den Kartenverkäufen. Seit 1994 gebe es eine Stiftung, die mit vier Millionen D-Mark ausgestattet worden sei; seitdem stehe das SHMF ohne Defizit da. Ohne Sponsoren (oder, wie Dr. Kuhnt sie lieber nennt: Kunden und Partner) wäre das Festival aber nicht durchzuführen. Neuer Hauptsponsor in diesem Jahr sei GP Joule, weitere 130 Unternehmen unterstützten die Organisatoren jeweils nach ihren individuellen Möglichkeiten. Ein DAX-Unternehmen sei zwar nicht darunter, das reiße aber beim Wegfall eines solchen Partners auch kein großes Loch in die Budgetplanung, so Kuhnt.
Aber auch das SHMF habe mit Kostensteigerungen zu kämpfen. Allein der Bühnenbau sei um 30 Prozent teurer geworden. Zugleich gebe es bei den Besuchern auf dem Land eine große Preissensibilität, die höhere Ticketpreise nur schwer durchsetzbar mache.
Den Abend rundete ein gemeinsamer Konzertbesuch in der Rendsburger Christkirche ab. Auf dem Programm stand Felix Mendelssohns Sinfonie Nr. 4 A-Dur op. 90 „Italienische“ mit Improvisationen über venezianische und neapolitanische Volkslieder. Es spielte das Symphonieorchester der Volksoper Wien unter Leitung von Omer Meir Wellber, der auch die Akkordeonpassagen übernahm. Die Improvisationen am Klavier sowie die Orchesterarrangements steuerte Guy Mintus bei. Die Zuschauer im ausverkauften Kirchenschiff erlebten einen berauschenden Abend mit einem grandiosen Konzert, stehenden Ovationen und vier Zugaben.