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Pressemitteilung 25.01.2021
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Expertise des Jungen Wirtschaftsrates gefragt

Stellungnahme des Jungen Wirtschaftsrates zum Antrag im Landtag, den Gründergeist in Schleswig-Holstein zu stärken

Nach der Auffassung des Jungen Wirtschaftsrates in Schleswig-Holstein, liegt in einer gesellschaftlichen Förderung des Gründergeistes ein Schlüssel für ein verstärktes Unter­nehmertum im Land sowie eine in der Folge verbesserte wirtschaftliche Entwicklung. Insofern ist eine durch den Antrag gestärkte Initiative sehr zu begrüßen, wobei die vorgeschlagenen Maßnahmen kri­tisch überprüft werden sollten. Gerne tragen wir durch unsere unternehmerischen Erfahrungen dazu bei. Nachfolgend werden die im Antrag vorgeschlagenen Maßnahmen kurz kommentiert. Gene­rell ist anzumerken, daß eine Förderung des Gründergeistes an den Schulen noch viel wichtiger er­scheint als an den Hochschulen.    

 

Gründungssemester an den Hochschulen

Die Möglichkeit, ein Gründungssemester zu beantragen, kann sinnvoll sein, wenn mangelnde Stu­dien­leistungen oder eine Zwangsexmatrikulation drohen oder der an die Regelstudienzeit geknüpfte BaföG-Empfang ansonsten eingeschränkt wird. Allerdings ist zu beachten, daß Studenten häufig ne­benbei arbeiten, bereits Kinder erziehen oder Eltern pflegen müssen. Insofern sollte die zeitliche Fle­xibilität zur Erbringung von Studienleistungen generell nicht zu sehr eingeschränkt sein. Erfah­rungsge­mäß sind Gründungsvorhaben nicht in einem Semester zu verwirklichen. Zudem erfordert eine erfolg­reiche Gründung anschließend häufig ein großes Engagement des Gründers, was eine Wiederauf­nahme des Studiums in Frage stellen kann. Das Instrument sollte deshalb nicht überschätzt werden, sondern es ist darauf zu achten, daß das Verfahren für den Antragssteller und die Hochschu­le unbüro­kratisch abläuft. Eine geforderte Offenlegung eines „Business-Plans“ gegenüber Dritten, wie an der Uni­versität Bayreuth, dürfte bei Startups, also innovativen Gründungen mit hohem Wachstums­potential, regelmäßig nicht unkritisch sein. Eine Beurteilung von Business-Plänen gehört nicht zu den Kompeten­zen von Hochschulen.

 

Standard-Lizenz-Verträge für Ausgründungen

Ausgründungen aus Universitäten betreffen in der Regel nicht Studenten, sondern das wissenschaft­li­che Personal. Aufgrund der vielfältigen rechtlichen Hürden sind solche Anliegen nicht einfach zu ge­währen. Standard-Lizenzverträge wären sehr wünschenswert, ohne gründliche Änderungen der teil­weise bundesrechtlichen Rahmenbedingungen dürften sie jedoch nur eingeschränkt wirk­sam sein. 

 

Einrichtung einer studentischen Gründungsgesellschaft

Die Gründung einer Personengesellschaft kann relativ einfach sein, für eine Kapitalgesellschaft hat der Gesetzgeber im Jahr 2008 alternativ die Gründung einer Unternehmergesellschaft (UG) ermög­licht, die sowohl die Haftung als auch die minimale Stammeinlage auf einen Euro begrenzt hat. Wer diese Hürde nicht nehmen kann, der wird kein Unternehmen, sondern bleibt besser Student. In­wieweit eine temporäre Befreiung von der Gewerbesteuer rechtlich möglich ist, wäre zu prüfen, al­lerdings sollte auch dieser Aspekt nicht überschätzt werden, denn Gewerbesteuer fällt nur bei einem Gewinn an, der in Gründungsjahren eher selten ist bzw. durch Abschreibungen oder Gehaltszahlun­gen leicht minimiert werden kann.      

 

Einrichtungen von Gründungszonen an Hochschulen  

Eine Einrichtung von Gründungszonen an Hochschulen ist nicht neu und, wie im Antrag beschrieben, teilweise auch schon umgesetzt. Ein Erfahrungsaustausch zwischen Gründern ist sehr wichtig, ebenso der Austausch mit Forschungseinrichtungen, Unternehmen und Investoren. Insbesondere letztere sind über öffentlich-rechtliche Strukturen nicht leicht zu attrahieren. Insofern wird empfohlen, das Betrei­ben von „Coworking-Spaces“ und „Techshops“ im Rahmen von öffentlich-privaten Partner­schaften zu organisieren beispielsweise im Zusammenwirken mit privaten „Accelerator“- „Inkuba­tor“- oder „Ven­ture Capital“-Gesellschaften. Dazu könnte es auch sinnvoll sein, mit mehreren Grün­derzonen für ver­schiedene technische Bereiche bzw. Branchen zu arbeiten.      

 

Entwicklung und Sicherung von Patenten durch Patentscouts

Die Unterstützung einer Sicherung und Klärung von Schutzrechten für Gründer im Zusammenwirken mit Hoch­schu­len durch kompetente Fachleute ist durchaus sinnvoll, weil eine Hochschule solche Kom­petenzen sonst kaum vorhalten kann und deshalb selten in der Lage ist, eine schnelle rechtliche Eini­gung zwischen Unternehmer und Forschungseinrichtung im Hinblick auf die Ansprüche an geisti­gem Eigentum herbeizuführen. Dieser Ansatz ist in Schleswig-Holstein allerdings bereits mit der „Patent- und Verwertungsagentur für die wissenschaftlichen Einrichtungen in Schleswig-Holstein GmbH“ seit dem Jahr 2002 umgesetzt.

 

Besondere Frauenförderung 

Frauenförderung für Gründer ist sehr wünschenswert angesichts des jüngsten Befundes, daß nur 15,7 % von all denen, die in Deutschland ein Startup gegründet haben, laut „Female Founders Monitor 2020“ des „Bundesverbandes Deutsche Startups“ weiblich sind. Allerdings erscheint fraglich, welche Instru­mente dafür zielführend erscheinen können und wie eine Umsetzung diskriminierungsfrei über­haupt möglich wäre. Deshalb erscheint es sinnvoll, diese Zielsetzung im Zusammenwirken mit etab­lierten Netzwerken von und für Unternehmerinnen oder mit einer entsprechenden Stiftung voranzu­treiben. Entscheidend dürften allerdings die vorherigen Weichenstellungen in der Schule sein. Die Be­deutung des freien Un­ternehmertums in einer sozialen Marktwirtschaft in Verbindung mit dem not­wendigen „Mindset“ für die Unternehmensgründer sollte für alle Schüler an den weiterführenden Schulen fächerübergreifend Pflicht werden. Das Unternehmertum wird in deutschen Schulbüchern lei­der immer noch sehr negativ vermittelt. Unternehmensplanspiele und anwendungstechnische Schü­ler­wettbewerbe, die in ihrem Marketing auf die Präferenzen von Schülerinnen ein besonderes Augen­merk legen, erscheinen dafür gut geeignet.

 

Social Startups

Eine ausdrückliche Öffnung aller bestehenden Förder- und Unterstützungsprogramme für „sozialun­ternehmerische Geschäftsmodelle“ sollte strikt abgelehnt werden, jedenfalls wenn darunter das ver­standen werden soll, was beim „Social Entrepreneur Netzwerk Deutschland e.V.“ darüber zu lesen ist:  www.send-ev.de/uploads/social_entrepreneurs_effektiv_unterstuetzen.pdf

 

Das Gründen von Vereinen ist in Deutschland sehr ordentlich entwickelt und bietet alle Möglichkei­ten, sozial ausgerichtete Unternehmungen zu fördern, wofür Gemeinnützigkeit steuerlich anerkannt wer­den kann. Ergänzend stehen zur Finanzierung Stiftungen, Spendenorganisationen und Crowdfun­ding-Plattformen zur Verfügung oder können gegründet werden. Diese stehen zueinander in einem innova­tiven Wettbewerb und können ohne betriebswirtschaftliche Kennzahlen nicht erfolgreich entwickelt werden. Das gilt besonders für Startups, die auf schnelles Wachstum setzen. Wenn Förderungen von Unternehmertum zugunsten von sozialpolitischen Projekten verwässert werden, gefährdet das die be­stehenden Programme für Unternehmensgründungen, schon weil der schillern­de Begriff „sozialun­ter­nehmerische Geschäftsmodelle“ bei den Programmverantwortlichen zu er­heblichen Unsicherhei­ten bei der rechtssicheren Auslegung der Förderfähigkeit führen dürfte.

 

Wenn „Social Entrepreneurs“ ihre Erfolgserwartungen an gesellschaftlichen Wirkungen festmachen möch­ten, eröffnet das nicht nur Fra­gen nach den konkreten Erfolgsparametern sowie ihrer Messung, sondern auch wer bei einem Mißer­folg wie haftet. Unternehmen haften mit ihrem Eigen- und Fremd­kapital, das ihnen nach hoffentlich ent­sprechend professionellen Risikoanalysen zur Verfügung gestellt wor­den ist. Dabei darf nicht über­se­hen werden, daß erfolgreiche soziale Projekte vor allem durch gesell­schaftliche Anerkennung, aber auch durch zukünftige Gehaltsmöglichkeiten oder durch verkaufs­förderndes Marketing von normalen Pro­dukten motiviert sind oder sein können. Insofern sollte vor einer Befür­wortung zusätzlicher Förde­run­gen, die über Forschung, Ausbildung und Coaching hinaus­gehen, eine sehr gründliche Analyse vor­ge­nommen werden, was unter den Begriffen „sozial-unterneh­merische“ Geschäftsmodelle und „Social Startups“ genau zu verstehen sein soll. Die hierzu immer wieder als beispielhafte angeführte Gesellschaft „my­boo“ ist keine gemeinnützige, sondern eine prinzipiell gewinnorientier­te Kapitalgesellschaft, die öffent­liche Förderungen in Anspruch nehmen konnte und für ihr sozialpoli­tisches Engagement bereits viel­fach öffentlich ausgezeichnet worden ist. 

 

Die Gründung einer „Akademie für Social Entrepreneurship“ an der Christian-Albrechts-Universität, die nicht nur Studierenden, sondern allen offensteht, zeigt, daß der Staat Projekte initiieren und finan­zie­ren kann. Politik und Verwaltung des Kieler Rathauses haben es „maßgeblich mit ins Rollen ge­bracht“ und fördern diese ebenso wie die Landesregierung und die Europäische Union finanziell. Die Würdi­gung der erfolgreichen Initiative durch den Preis des „Stiftungsverbandes der Deutschen Wis­sen­schaft“ zeigt beispielhaft, wie innovative Projekte durch Stiftungen positiv gewürdigt werden kön­nen.  

 

Wenn man gemeinnützige Vereine oder anerkannt gemeinnützige Kapitalgesellschaften verstärkt för­dern möchte, sollte man das in der dafür bisher vorgesehenen Förderlandschaft durch spezielle Pro­gramme entwickeln und nicht auf Kosten der Programme für Unternehmensgründungen oder Wirt­schaftsunternehmen. Ohne Ge­winne keine Investitionen, und ohne Investitionen kein Wachstum! In­sofern erscheint der Begriff „Social Startups“ durchaus widersprüchlich.   

 

Landeskonzept Entrepreneurship Education mit Universitäten verknüpfen

Das „Landeskonzept Entrepreneurship Education“ ist ein wichtiger Ansatz, um frühzeitig Weichenstel­lungen vorzunehmen und zukünftig verstärkt auch Unternehmerinnen zu fördern. Eine Vernetzung mit den Hochschulen ist sicherlich nicht verkehrt, viel wichtiger wäre bei diesem Thema aber eine Zusam­menarbeit mit Unternehmern und Unternehmen aus der privaten Wirtschaft. Ohne Markt- und An­wendungsbezug kein Unternehmertum!

 

Verstärkte Gründungsberatung für Berufstätige

Für Gründungsberatungen gibt es bereits vielfältige Angebote sowohl aus der privaten Wirtschaft als auch auf der Grundlage staatlich finanzierter Programme sowie von gemeinnützigen Vereinen wie den „Mentoren für Unternehmen in Schleswig-Holstein e.V.“.

 

Fazit

Der gemeinsame Antrag der drei Regierungsfraktionen in Schleswig-Holstein weist grundsätzlich in die richtige Richtung, bietet allerdings nicht nur zielführende Ideen. Insbesondere der Passus zur Förde­rung von „Social Startups“ sollte so nicht verabschiedet werden, sondern zunächst genauer klären, welche Unternehmenstypen, die von den bestehenden Förderprogrammen für Unterneh­mensgrün­dungen bisher rechtlich ausgenommen sind, zukünftig wie berücksichtigt werden sollen. Ansons­ten besteht die Gefahr, daß der Staat seine Programme zur Förderung von Unternehmen nach voll­kom­men sach­fremden, gesellschaftspolitischen Kriterien entscheiden kann. Damit würde das klassi­sche Unter­neh­men seine Privilegien teilweise an andersartige, sozialpolitische Projekte verlieren. Noch gra­vierender erscheint die Ablenkung der Anreize für den unternehmerischen Nachwuchs im Land, die vermehrt für solche sozialpolitisch motivierten Projekte belohnt werden. Nicht gewinnori­entierte Un­ternehmen sind jedoch selten nachhaltig, weil sie nicht aus Eigenmitteln in ihr Wachstum investieren können und deshalb auf permanente Zuwendungen von Dritten angewiesen bleiben.

 

Es kann für sozial motivierte Unternehmer eine gute Idee sein, Gewinne für gute Zwecke zu stif­ten, und es kann für Unternehmen eine gute Idee sein, Gutes zu tun und darüber zu sprechen, und es kann für engagierte Bürger eine gute Idee sei, einen Verein oder ein Unternehmen zu gründen, welche bei der Umsetzung einer sozialen Idee nützlich sind, aber es ist bestimmt keine gute Idee, den öffentlich­keitswirksamen Förderfokus des Landes für die Wirtschaft zukünftig stärker auf die Gründung und Ent­wicklung von sozialpolitischen Transfergesellschaften auszurichten. Jedenfalls hat dies nichts zu tun mit den eingangs im Antrag formulierten Arbeitsplätzen durch Innovationen im Wettbewerb von Ge­schäftsmodellen für einen wirtschaftlichen Strukturwandel, sondern es schafft vielmehr Räume für po­litische Geschäftsmodelle und eine politisierte Wirtschaftsentwicklung, und es verringert die Wahr­scheinlichkeit, daß mit einem solchen Gründergeist echte Startups - mit schnell wachsender, in­terna­tionaler Wertschöpfung - in Schleswig-Holstein wirksam unterstützt werden.

 

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Wir danken sehr für die Möglichkeit einer Stellungnahme!