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Pressemitteilung 22.10.2018
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Stellungnahme des Wirtschaftsrates der CDU e.V. zum Gesetzentwurf über die Änderung des Vergabegesetzes in Schleswig-Holstein

Der vorliegende Gesetzentwurf ist aus der Sicht des Wirtschaftsrates sehr zu begrüßen. Er bewirkt Bürokratieabbau, öffnet den Markt für öffentlichen Aufträge in Schleswig-Holstein wieder für einen größeren Kreis von Unternehmen, erhöht damit den Wettbewerb und vergünstigt die Einkaufspreise für die Vergabestellen des Landes und der Kommunen in Schleswig-Holstein. Insofern sind die Veränderungen gegenüber dem bisher geltenden Tariftreue- und Vergabegesetz eindeutig positiv zu beurteilen, sowohl aus Sicht der Wirtschaft, insbesondere der klein- und mittelständischen, als auch aus der Sicht des Steuerzahlers und schließlich aus der Sicht unserer Finanzministerin bzw. der Kämmerer, die zu einer sparsamen Haushaltsführung verpflichtet sind.<br /><br />

Die durch die angestrebten Änderungen erzielten Effekte dürften durchaus Wirksamkeit entfalten. Die Evaluation des bisherigen Gesetzes hat erhebliche Schwächen aufgezeigt, die zu Rechtsunsicherheiten und in der Konsequenz zu einer empfindlichen Verringerung der Angebotslage geführt haben. Jedenfalls haben sich in den letzten Jahren Meldungen verstärkt, wonach es bei öffentlichen Ausschreibungen im Land und in den Kommunen zu keiner gesunden Wettbewerbssituation mehr gekommen ist, was zu „Mondpreisen“ bei der Vergabe oder Verzögerungen durch erneute Ausschreibungen geführt hat. Diese Situationen werden durch das neue Gesetz entschärft. Das ist auch deshalb bedeutsam, weil das Land mit Blick auf die zunehmend marode Bausubstanz öffentlicher Gebäude und Infrastrukturen vor enormen Herausforderungen steht und zugleich massiv in die technische Modernisierung investieren muß, um angesichts eines sich weiter beschleunigenden technischen Fortschritts durch Rationalisierungen kosteneffizient und als Standort wettbewerbsfähig bleiben zu können. Dabei zeigt sich die Privatwirtschaft insbesondere im Handwerk derzeit vollständig ausgelastet und dürfte sich demographisch bedingt tendenziell rückläufig entwickeln, weshalb es auch mit dem entschärftem Gesetz in vielen Bereichen zu zunehmenden Schwierigkeiten der öffentlichen Hand kommen dürfte, ihre Aufträge zügig und kostengünstig abgearbeitet zu bekommen, zumindest solange die Konjunktur nicht stark einbricht.

Vor diesem Hintergrund, aber auch generell stellt sich die Frage, warum es überhaupt ein landeseigenes Vergabegesetz braucht. So gibt es sowohl auf der europäischen als auch auf der bundesdeutschen Ebene bereits eine Fülle wohlfeil ausgebildeter Gesetze und Regeln, die nicht nur den Rahmen für Landesgesetze eingrenzen, sondern auch vollkommen ausreichend erscheinen für Vergaben in Schleswig-Holstein. Der Grund für ein spezielles Landesgesetz dürfte vor allem in den Motiven unserer Landespolitiker zu suchen sein, sich durch vermeintlich positive Wohltaten hervorzutun und die Folgen ihres Wirkens nicht nachvollziehen können oder lieber ignorieren möchten. Beispielsweise ist es wenig überzeugend, wenn ausgerechnet Schleswig-Holstein als einkommensschwächeres Bundesland mit unterdurchschnittlichen Lebenshaltungskosten einen Mindestlohn bei Vergaben vorschreibt, der über dem bundesweit gesetzlichen liegt. Da diesem erhöhten Vergabemindestlohn angesichts eines zunehmenden Fach- und inzwischen auch Arbeitskräftemangels eher symbolische Bedeutung zukommt, mag dies an dieser Stelle zu verschmerzen sein.   

Im Hinblick auf die vergabefremden Kriterien ist die Diskrepanz zwischen dem Wunsch der Landespolitiker, sich durch vermeintlich gute Ideen hervorzutun, und den negativen Wirkungen auf eine Ausschreibung dagegen eklatant, weil die negativen Wirkungen bereits massiv eintreten, bevor auf der anderen Seite überhaupt positive Wirkungen entfaltet werden können. Geschlechtliche Gleichberechtigung, Umweltschutz, die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind allesamt wichtige gesellschaftspolitische Ziele, die durch eine Vielzahl von Gesetzen und Vorschriften generell abgesichert sind. Falls in diesen Bereichen noch politischer Handlungsbedarf gesehen wird, sollte dieser generell eingefordert werden und nicht auf Unternehmen beschränkt werden, die sich an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen. Insofern ist es aus der Sicht des Wirtschaftsrates sehr zu begrüßen, wenn es den Vergabestellen freigestellt wird, solche Kriterien zukünftig bei Ausschreibungen vorzuschreien. Immerhin stehen hinter kommunalen Vergabestellen eigenständige demokratische Strukturen. Ein landespolitischer Zwang zur Berücksichtigung vergabefremder - oder wie es jetzt beschönigend heißt – strategischer Kriterien, ist deshalb auch eine abschätzige Respektlosigkeit seitens der Landtagsabgeordneten gegenüber den kommunal gewählten Volksvertretern. Schon aus diesem Grund ist mit Blick auf unsere föderale Verfassung eine Rückkehr zur Freiwilligkeit konsequent und wünschenswert.

Der Wirtschaftsrat unterstützt grundsätzlich Ansätze, die dem Mittelstand und kleinere Unternehmen im Wettbewerb Chancen einräumen. Deutschlands wirtschaftliche Stärke ist durch diese weltweit vorbildlichen Unternehmensstrukturen, die ganz überwiegend die Ausbildung und die Beschäftigung in Deutschland tragen, erwachsen und wird durch sie laufend erneuert. Gerade diese Unternehmenstypen leiden besonders unter der ausufernden Bürokratie, die auch nach der Entschärfung dieses Landesgesetzes weiterhin prägend für den Wettbewerb sein wird. Vor diesem Hintergrund sei darauf hingewiesen, daß es große komplexe staatliche Auftragslagen geben kann, für die ein Primat von gestückelten Einzelausschreibungen aus der Sicht des Auftraggebers nicht förderlich ist. Das gilt ganz besonders für Lebenszyklusmodelle, in denen der Planer eines Projektes anschließend auch die Verantwortung für einen erfolgreichen Betrieb trägt. Diese Modelle sind überwiegend sehr erfolgreich im Hinblick auf die Einhaltung von Bauzeiten, Kostenzielen und einen funktionierenden und zugleich kostenarmen, sich anschließenden Betrieb. Vor diesem Hintergrund sollte unbedingt darauf geachtet werden, daß diese Modelle weiterhin in den Fällen zur Anwendung kommen können, in denen große komplexe Projekte geplant und anschließend auch längerfristig erfolgreich betrieben werden sollen. Auch ein großer Generalunternehmer kann solche Aufträge nicht ohne Zulieferung von klein- und mittelständischen Unternehmen abarbeiten, was entsprechend im Rahmen solcher öffentlich-privaten Partnerschaften festgeschrieben werden kann. Aus diesem Grund sollte man mit gesetzlichen Zwängen zu mittelstandsfreundlichen Auftragsstückelungen sehr vorsichtig sein./BZ