Stellungnahme zum Antrag im Landtag zur Änderung des E-Government-Gesetzes gemäß dem Entwurf der Landesregierung Drucksache 20/369
Der Entwurf ist die schlechstmöglichste Reaktion auf die umsatzsteuerliche Gleichbehandlung der öffentlichen Hand und der privaten Wirtschaft.
Wir danken für die Möglichkeit einer Stellungnahme!
Nach der Auffassung des Wirtschaftsrates der CDU e. V., Landesverband Schleswig-Holstein, bietet der vorliegende Entwurf die schlechtmöglichste Reaktion auf die im Jahr 2015 bundesgesetzlich entschiedene umsatzsteuerliche Gleichbehandlung unternehmerischer Tätigkeit der öffentlichen Hand mit der privaten Wirtschaft. Der vorliegende Entwurf entpuppt sich leider als reines Schutzgesetz, das dem Land mit einem Federstrich die neue Umsatzsteuerpflicht ersparen soll und dazu als Kollateralschaden den gesamten Markt für behördliche IT-Bedarfe, soweit dies überhaupt möglich ist, schließt. Das erscheint sowohl fatal mit Blick auf die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der geschützten Anstalt öffentlichen Rechts als auch mit Blick auf die Marktleistungen, die zukünftig nicht mehr im Wettbewerb erbracht werden und daher die Digitalisierung der Kommunen verschlechtern, verlangsamen und verteuern werden.
Ein Markt bringt nicht nur eine faire Preisbildung zwischen Angebot und Nachfrage, sondern er bringt vor allem Innovationen hervor. Eine Marktschließung in diesem hochinnovativen Entwicklungsfeld, das für die Bürger, das Land und seine Verwaltungen von essentieller Bedeutung ist, erscheint nicht nur ordnungspolitisch falsch, sondern auch mit großen Risiken für das Land verbunden, weil es die Entwicklung von elektronischen Verwaltungsleistungen sklerotisieren würde. Eine Unterstützung des Vorhabens durch den Landtag Schleswig-Holstein kann deshalb nicht empfohlen werden, sondern vielmehr das Gegenteil. Nachfolgend werden die für das Gesetz vorgetragenen Argumente diskutiert.
Problembeschreibung kryptisch
Die in der Drucksache angeführte Problembeschreibung führt zwei Punkte auf, nämlich zum ersten ein angebliches Versagen des Marktes, der „Risiken“ berge, die durch „bestimmte Vertragskonstellationen“ „teilweise zu Abhängigkeiten und anderen Konsequenzen“ geführt hätten. Sollte man in Einzelfällen ungünstige Verträge mit Lieferanten geschlossen haben, kann man daraus lernen und zukünftig entsprechend verbesserte abschließen. Insofern wäre hier nicht von einem Markt-, sondern allenfalls von einem Staatsversagen auszugehen.
Der zweite Punkt erscheint als der einzig wahre Grund für den Gesetzentwurf, nämlich das Auslaufen der Übergangsfrist und die ab dem 1.1.2023 eintretende Umsatzsteuerpflicht für solche Umsätze von Dataport, die als unternehmerische Tätigkeit einzustufen sind. Laut der Drucksache möchte das Land SH damit eine zukünftige Steuerbelastung von 20 Mio. Euro vermeiden.
Lösungsvorschlag abenteuerlich protektionistisch
Anstatt die „bestimmten“ risikobehafteten Vertragskonstellationen durch verbesserte zu ersetzen, wird im Gesetzentwurf vorgesehen, zukünftig kurzerhand alle Vertragsbeziehungen der Landesbehörden mit Unternehmen gesetzlich zu untersagen, die nicht in öffentliche Aufsichts- und Kontrollstrukturen eingebunden sind. Einmal abgesehen davon, dass das vorgeschlagene nicht das mildeste,sondern eher als das denkbar härteste Mittel erscheint, entspricht die Behauptung, dass öffentlich-rechtliche Aufsichts- und Kontrollstrukturen in der Regel besser funktionieren als privatrechtliche von Kapitalgesellschaften, nicht der Empirie.
Der mit dem Gesetz vorgeschlagene Anschluss- und Bezugszwang für die IT-Bedarfe der schleswig-holsteinischen Landesbehörden würde Dataport zukünftig vom Wettbewerb befreien. Der Wirtschaftsrat in Schleswig-Holstein hatte vor einigen Jahren einmal die Wirkungen des Anschlusszwanges der Landesministerien bei Dataport zur zentralisierten Beschaffung von Hardware näher betrachtet und festgestellt, dass der Gebührenaufschlag von Dataport marktunüblich hoch ausgewiesen wurde und dass auch erhebliche Probleme bei der Wartung und Nachsorge aufgetreten sind, weil die einzelne Behörde nur noch indirekt auf die Qualität der Lieferung durch den Großlieferanten Einfluss nehmen kann. Anschlusszwänge führen mittelfristig systematisch zu marktlich ungünstigen Ergebnissen. Auf der anderen Seite bewirkt die Zentralisierung des Einkaufes länderübergreifend eine Tendenz, nur noch Großkonzerne als Lieferanten überzubehalten. Landesministerien und Kommunen sollten auch beim Einkauf von Hardware alternative Anbieter für einen zentralisierten Einkauf nutzen können.
Alternativen
Dass der Gesetzesentwurf hier keine Alternativen sieht, erscheint einigermaßen unverfroren. Der normale, durch die Umsatzsteuerpflicht bundesgesetzlich intendierte Weg wäre eine Erfüllung der Umsatzsteuerpflicht für die unternehmerischen Tätigkeiten der Anstalt. Demgemäß wären die fortan im fairen Wettbewerb mit anderen Anbietern stehenden Leistungsangebote hinsichtlich ihrer Wettbewerbsfähigkeit kritisch zu überprüfen. Im aktuellen Geschäftsbericht von Dataport heißt es dazu treffend: „Dataport wird daher zu Jahresbeginn 2023 weitgehend die Umsatzsteuer in Rechnung stellen. Dies wird Kostensteigerungen auf Seiten der Auftraggeber in Höhe von durchschnittlich neun bis zehn Prozent zur Folge haben. In den Haushalten der Kunden ist in unterschiedlichem Maße für diesen Fall Vorsorge getroffen, so dass eine kundenseitige Absenkung der Leistungsabnahme nicht ausgeschlossen werden kann.“
Blickt man auf die Leistungsangebote von Dataport, für die laut aktuellem Geschäftsbericht „für die weit überwiegende Anzahl der Leistungen“ eine unternehmerische Tätigkeit anzunehmen ist, geht es neben der zentralisierten Beschaffung um die Entwicklung von Software und Schulungen, beides keine Bereiche, die klassisch einer Staatswirtschaft zuzuordnen wären. Mehrfach wurde vom Landesrechnungshof kritisiert, dass eine transparente Entgeltkalkulation und Preisgestaltung bei Dataport gänzlich fehlen. Eine Anpassung des Portfolios von Dataport mit Blick auf ein Erreichen der Wettbewerbsfähigkeit ist vor allem als Chance zu sehen, Produktivitäten nachhaltig zu verbessern.
Auswirkungen auf die private Wirtschaft
Dass eine Marktschließung keine Auswirkungen auf die private Wirtschaft hat, kann nur als grob irreführend bezeichnet werden.
IT-Sicherheit, Datensouveränität und Verlässlichkeit der Versorgung
Die obengenannten Ziele des Gesetzentwurfes sind wenig überzeugend, denn zum einen ist der
Anlass der Gesetzesänderung allein das Auslaufen der Frist der bisherigen Umsatzsteuerbefreiung und zum anderen ist für keines der Argumente belegt, dass Dataport diese besser erfüllen kann als die Privatwirtschaft. In der Begründung des Gesetzes heißt es, dass man „bestehende Abhängigkeiten der öffentlichen Verwaltung und Fremdeinflüsse von privaten Unternehmen“ vermeiden möchte. Dabei unterwirft man die Landesbehörden einer totalen Abhängigkeit der Leistungsfähigkeit von Dataport. „Fremdeinflüsse“ wie technischer Fortschritt und personelle Expertise wirken in der Regel positiv, sonst gäbe es diese Vertragsbeziehungen nicht. Die Begründung des Entwurfs macht nebenbei deutlich, dass es für bestimmte Bereiche, wie die Verarbeitung von Steuerdaten im Bund oder für Fachverfahren von Gerichten und Staatsanwaltschaften im Land, bereits Sonderregelungen gibt. Das belegt, dass die sensiblen Bereiche längst entsprechend geregelt wurden und nicht dafür herhalten können, die Ausnahme jetzt zur Regel zu erklären. Dabei wird in der vorliegenden Begründung eingeräumt, dass ein vollständiger Ausschluss von privaten Anbietern zur Deckung der IT-Bedarfe der Behörden gar nicht möglich und auch nicht beabsichtigt sei. Alle anderen Argumente bleiben ohne klare Begründung und können daher nur als offensichtlich vorgeschoben bewertet werden.
Fazit
Im Fazit möchte das Gesetz dem Land mehr oder weniger unverhohlen die gesetzlich verordneten Umsatzsteuern ersparen. Um das nach der nun in Kraft getretenen Umsatzsteuerpflicht für Dataport und ähnliche Unternehmen durchzusetzen, nimmt man in Kauf, den Markt für private Unternehmen kurzerhand zu schließen. Die Folgen liegen auf der Hand: Die Landesbehörden werden zukünftig einem gesetzlichen Monopolisten gegenübersitzen, der seine öffentlich-rechtlichen Sonderstrukturen konkurrenzlos ausweiten kann und keinen Wettbewerb bei der Leistungserfüllung mehr fürchten muss. Darunter leidet dann nicht nur die vom Markt ausgeschlossene Wirtschaft und die vom Angebotswettbewerb zukünftig ausgeschlossenen Behörden, sondern das trifft auch die Bürger durch sklerotische Züge bei der notwendigen Erneuerung ihrer öffentlichen Verwaltung.
Wir empfehlen der Landesregierung daher dringend, bei ihren Überlegungen die dynamischen Wirkungen für den kommunalen Verwaltungsstandort einzubeziehen und von einem Schnellschuss abzusehen, sondern besser die Umsatzsteuerpflicht in die Haushalte einzuplanen. Monopolistische Abhängigkeiten zu schaffen, birgt große Risiken für die Entwicklung der eigenen Verwaltung sowie einen noch größeren Kostenfaktor und darf deshalb keine Lösung für ein Umsatzsteuerproblem sein. Wenn man einer Anwendung sich rasant entwickelnder E-Government-Techniken im Land nicht nachhaltig einen Bärendienst erweisen möchte, ist der vorliegende Gesetzentwurf aus der Sicht des Wirtschaftes der CDU e.V. in dieser Form abzulehnen.