Cookie-Einstellungen

Bericht
10.06.2024
Drucken

Von „Job-Turbo“ und „Kompetenz-Screening“

Mittagsgespräch mit der Landesbeauftragten für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen
©None

Die Mitglieder der Sektion Rendsburg-Eckernförde hatten am 10. Juni die Gelegenheit, bei einem Mittagsgespräch mit Doris Kratz-Hinrichsen Einblicke in die Flüchtlingspolitik des Landes und die Integration Geflüchteter in den Arbeitsmarkt zu erlangen. Doris Kratz-Hinrichsen wurde im Oktober 2023 durch den Landtag einstimmig zur Nachfolgerin von Stefan Schmidt gewählt und bekleidet nun das Amt der Landesbeauftragten für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen in Schleswig-Holstein.

Die Auswirkungen des Fach- und Arbeitskräftemangels sind im Alltag mittlerweile längst deutlich zu spüren. Grund genug für Diana Pabst, Mitglied im Sektionsvorstand Rendsburg-Eckernförde, in ihren einleitenden Worten nachzufragen, wie uns eine bessere Integration Geflüchteter in den Arbeitsmarkt gelingen kann, um diesen Mangel zu beheben oder ihn zumindest zu lindern.

Die 52-jährige Diplom-Sozialpädagogin Kratz-Hinrichsen erläuterte, dass Deutschland insbesondere ein Problem mit der Anerkennung ausländischer Abschlüsse habe. Hierfür gebe es deutschlandweit mehr als 200 verschiedene Anerkennungsstellen. Des Weiteren spiele die Erlangung der deutschen Sprache eine zentrale Rolle, um im Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können. Die benötigten Sprachkurse für Geflüchtete hätten teilweise allerdings absurd lange Wartezeiten, da nicht genug Räume oder Lehrer zur Verfügung stünden.

Fehlender Wohnraum und die soziale Infrastruktur in Deutschland seien weitere Kernprobleme. Geflüchtete kämen teilweise bis zu 12 Jahre in Sammelunterkünften unter, was eine soziale Integration erschwere. Um dem Arbeitsmarkt langfristig als Fachkraft zur Verfügung zu stehen, bräuchten die Menschen daher Sicherheit und Privatsphäre.    

Ein weiteres Hindernis für die Integration sei die deutsche Bürokratie. So gäbe es in Behörden Formulare, die die Menschen mitunter selbst dann nicht verstünden, wenn sie in ihre Muttersprache übersetzt würden. Sinnvoller sei es, den Menschen die inhaltliche Bedeutung des Formulars zu erklären, anstatt eine Übersetzung anzubieten. Hinzu komme die Arbeitsbelastung in den Behörden und ironischerweise der dortige Fachkräftemangel, weshalb Antragssteller mitunter länger als drei Monate auf eine Antwort warten müssten, führte Kratz-Hinrichsen aus.

Im Rahmen ihres Vortrags gab die Landesbeauftragte aber auch einen positiven Ausblick. So sei in diesem Jahr der sogenannten „Job-Turbo“ eingeführt worden. Durch dieses Instrument sollen Flüchtlinge weitaus schneller im Arbeitsmarkt ankommen, da sie nicht erst die deutsche Sprache erlernen müssen, um anschließend einen Beruf auszuüben; sie können nun vielmehr direkt vermittelt werden und nebenbei ein ausreichendes Sprachniveau erlangen.

Als einziges Bundesland habe Schleswig-Holstein zudem am 22. April des Jahres das „Kompetenz-Screening“ eingeführt, mit dem Neuankömmlinge umgehend auf ihre Qualifikationen hin geprüft werden, damit sie dem Arbeitsmarkt unmittelbar zur Verfügung stehen könnten. Dies zeige bereits erste Erfolge, bekräftigte Kratz-Hinrichsen. Entsprechend ihren Fähigkeiten könnten die Geflüchteten zudem frühzeitig in jene Regionen des Bundeslandes verteilt werden, in denen der größte Bedarf für ihre Qualifikation besteht.

Am Ende des Gesprächs ging die Landesbeauftragte auf Rückfragen der Mitglieder ein. Vor allem die lange Dauer bei der Umsetzung von Verbesserungen gab allen Anwesenden zu denken. Die erste Flüchtlingswelle sei immerhin vor über 9 Jahren gewesen. Frau Kratz-Hinrichsen bestätigte, Deutschland habe ein Umsetzungs- und kein Erkennungsproblem. Außerdem könne Deutschland sich auch hin und wieder an Nachbarstaaten orientieren, denen die Integration Geflüchteter in den Arbeitsmarkt erfolgreicher gelingt.

Luca Aders