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Bericht
17.12.2019
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Vordigitales Recht hemmt sinnvolle Entwicklungen

Sektion Pinneberg diskutiert über innovative Mobilitätsangebote für die Metropolregion
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Intelligent, vernetzt, digital – diese drei Schlagwörter sollen in den kommenden Jahren für attraktive und funktionierenden Angebote des Personenverkehrs neben dem ÖPNV und dem Individualverkehr stehen. Während in Hamburg seit April 2019 der Volkswagen-Konzern mit seinem Tochterunternehmen MOIA erste Akzente setzt, sind die Umlandregionen der Hansestadt bisher außen vor. Wie zukunftsfähige Lösungen in der Metropolregion aussehen können, darüber diskutierte kürzlich die Sektion Pinneberg.

 

Sektionssprecher Jens Sander stellte heraus, dass Mobilität und Digitalisierung „die zwei wesentlichen Faktoren für das künftige Wohl und Wehe der deutschen Wirtschaft sind“. Aus seiner Sicht ist für den Kreis Pinneberg die Nähe zu Hamburg die große Herausforderung. „Wenn es um die Mobilitätslösungen geht, gibt es eine gefühlte Mauer. Jeder plant für sich und es gibt keine Abstimmung und Lizenzvergabe über die Landesgrenze hinweg.“ Er hoffe, dass es gelinge „übergreifende Lösungen für die gesamte Metropolregion zu finden“.

 

MOIA – ein Leuchtturmprojekt

Sander lieferte mit seiner Kritik eine Steilvorlage für Sascha Meyer, Chief Product Officer, MOIA - Social Movement, aus Hamburg. MOIA bietet in der Hansestadt ein neu entwickeltes System für so genannte gebündelte Verkehre mit emissionsfreien Fahrzeugen für bis zu sechs Passagiere an. „Wir sind ein Leuchtturmprojekt für urbane Mobilität von der Entwicklung bis zur praktischen Umsetzung. Aktuell haben wir 395 Fahrzeuge mit 820 Fahrer im Einsatz, die 15.000 Haltepunkte anfahren.“ 400.000 Hansestädter hätten sich bereits für das Angebot registriert, im November 2019 seien 227.000 Passagiere befördert worden.

 

Meyer machte deutlich, mit dem Pooling von Fahrgästen durch Bestellung per App für eine Entlastung der Straßen sorgen zu wollen. „Dabei haben wir mit den extra für uns entwickelten Fahrzeugen und geschultem Personal eine hohen Qualitäts- und Serviceanspruch.“ Für ihn sei wichtig, dass es gelinge, einheitliche Lizenzbedingungen für die Personenbeförderung – ganz gleich ob mit MOIA, im klassischen Taxi oder in einem Mietwagen – zu schaffen. „Hamburg ist ein absoluter Innovationshub und wir sind dankbar, dass wir hier mit einer Experimentierklausel für vier Jahre unser Konzept realisieren können. Wir brauchen jedoch so zügig wie möglich einen verlässlichen Rechtsrahmen.“ Dazu gehöre, dass ein neues Personenbeförderungsgesetz auch eine Möglichkeit der Beförderung aus den Lizenzgebieten hinaus in Umlandregionen schaffe. Meyer machte zudem deutlich, dass das MOIA-Konzept nicht Versorgungsprobleme, z.B. in ländlichen Regionen, lösen könne.

 

Vordigitales Recht reformieren

Eine einheitliche Verkehrslizenzen für Mitfahrdienste hält auch Jenny Wittwer, Policy Lead Germany der FREE NOW Intelligent Apps GmbH (Berlin), für erforderlich. Deutschland habe bei der Personenbeförderung „einen veralteten Rechtsrahmen aus der vordigitalen Zeit und man muss mit der Zeit mitgehen und nicht am Status festhalten“, appellierte Wittwer für faire Wettbewerbsbedingungen. In den europäischen Ländern, in den es keine alten Zöpfe gibt, funktioniere es am besten. Aus Sicht von Free Now – einer Tochter der Automobilkonzerte Daimler und BMW – sei es dem Verbraucher egal, wie er bequem und bezahlbar von A nach B kommt. „Unser Ziel ist es, dass es einen Bestellmarkt gibt, bei dem Taxen, Mietwagen und Pooling-Fahrzeuge gleichgestellt sind.“ Dafür sei eine Preistransparenz für die Verbraucher mit einem Preiskorridor wünschenswert. „Es ist ein Markt, der zusammengehört und bei dem die gleichen Anforderungen an die Qualifikation der Fahrer gelten sollte und auch die sinnvolle Erweiterung von Lizenzgebiete möglich sein sollte.“

 

Landesweiter Mobilitätsbeauftragter?

Aus einem ganz anderen Blickwinkel schaute Hartmut Thede, Leitung Projektentwicklung bei der Wohnungsbaugesellschaft Th. Semmelhaack (Elmshorn), auf das Thema. Für ihn steht fest, dass die Mobilitätsfrage und moderne Wohnformen die künftigen gesellschaftlichen Diskussionen ähnlich wie die Klimadebatte bestimmen werden. Thede berichtete über Verpflichtungen, die sein Unternehmen eingehe, wenn es neue Quartiere baue. „In Halstenbek mussten wir, weil es keinen ÖPNV gibt, für Mobilität sorgen. Dort finanzieren wir dreimal in der Woche ein Mobilitätssystem mit einem Taxiunternehmen, dass die Bewohner zum Bahnhof fährt. Das war die einzige Möglichkeit, um dieses Projekt mit hundert Wohnungen umsetzen zu können“, so Thede.

Bei einem aktuellen Vorhaben in Wedel sei die Situation vergleichbar. Dort würden sich die Planungen bereits sechs Jahre hinziehen. Thede: „Mobilität ist geworden, was es nicht sein darf: Zankapfel der Politik.“ Er wünsche sich, dass die Landesregierung in naher Zukunft die Stelle eines Mobilitätsbeauftragen schafft, denn „wir stehen da erst am Anfang und müssen gemeinsam Lösungen suchen“. Die Verantwortung ausschließlich an die Wohnungsanbieter, werde nicht funktionieren, „weil wir ja auch immer auf die die Bezahlbarkeit der Wohnungen im Blick haben sollen.“

 

Wenig Innovation im Umland

Abgerundet wurde die Mobilitätsdiskussion, an der sich die Zuhörer durch viele Fragen beteiligten, durch Birgit Schamuhn, geschäftsführende Gesellschafterin der Go!mate GmbH aus Klein Nordende. Ihr Unternehmen hat sich auf den Vertrieb hochwertiger E-Tretroller spezialisiert. Sie machte deutlich, dass es auch darum gehen müsse, neue Mobilitätslösungen ohne Kraftfahrzeuge anzubieten. „Unser Tretroller kann eine Alternative sein, um zum Bahnhof zu kommen“, so Schamuhn. Dafür müsste dann an den Bahnhöfen eine entsprechende Infrastruktur geschaffen werden, „allerdings müssen wir feststellen, dass im Kreis Pinneberg eine derartige Innovationsbereitschaft noch nicht vorhanden ist.“ Hier sei die Fixierung auf das Auto weiterhin sehr stark ausgeprägt. „Wir müssen erreichen, dass hier ein übergreifendes Denken einsetzt, um auch das Umland offener für innovative Mobilitätslösungen zu machen“, ist Schamuhn überzeugt.