„Wir verspüren derzeit Gegenwind“
Das Gelingen der Energiewende wird maßgeblich davon abhängen, ob ausreichend Speicherkapazitäten für den umweltfreundlich produzierten Strom bereitgestellt werden können. Schleswig-Holstein ist dabei nicht nur ein herausragender Standort der Energieproduktion, sondern beheimatet auch einen Spezialisten der Batterieentwicklung und -herstellung.
Die Mitglieder der Sektion Steinburg erhielten bei ihrem Besuch bei CustomCells in Itzehoe einen exklusiven Einblick in die Produktion innovativer Batteriezellen. „Das Unternehmen hat sich als einer der führenden Anbieter im Premium-Segment etabliert und bietet maßgeschneiderte Lösungen für Kunden in den Bereichen Automobil-, Schiffbau- und Medizintechnikindustrie“, erklärte CFO Dr. Amir Ghoreishi. „Batterie-Knowhow findet in Itzehoe seit 2012 statt“, ergänzte Geschäftsführer Benno Leuthner. CustomCells setze bei der Entwicklung seiner Batteriezellen auf höchste Präzision: Besonders die elektrische Luftfahrt habe den Markt befeuert und stelle neue Anforderungen an die Batterien.
Prozesse
Der Produktionsprozess bei CustomCells ist detailreich und hocheffizient. Die Besucher erhielten zur Veranschaulichung einen Einblick in die Produktionsstätte. Produktionsleiter Jan Diekmann verwies dabei auf die Bedeutung der Rezeptur: Der Prozess beginnt mit dem „Mixing Slurry“, das mit dem Auftragen eines Lacks vergleichbar ist, gefolgt von verschiedenen Schritten wie dem Beschichten, Trocknen, Verdichten und der ersten Energiezufuhr. Der letzte Schritt, das erstmalige vollständige Aufladen der Zellen, werde hingegen häufig an den Endverbraucher ausgelagert. Dabei sei es von großer Bedeutung, dass beispielsweise neue Mobiltelefone erst nach dem vollständigen Aufladen verwendet werden, um die Lebensdauer der Batterien zu gewährleisten.
Neben der Produktion beeindruckte auch das innovative Bürokonzept von CustomCells: Ruhe-, Internet- und Teambereiche fördern die Kommunikation und beschleunigen den Austausch untereinander. „Innovation wird durch Menschen angetrieben, und das zeigt sich auch in der Unternehmenskultur, die auf Zusammenarbeit und Flexibilität setzt“, so Jan Diekmann.
Nachhaltigkeit
Die Themen Recycling und Nachhaltigkeit spielen bei CustomCells auch aufgrund der Rücknahmepflicht eine zentrale Rolle. Benno Leuthner erklärte: „Die Reichweite und die Leistung der Batterien sind gesichert, während die Gestaltung von nachhaltigen Wertschöpfungsketten eine Herausforderung ist“. Bis 2025 sei das Unternehmensziel, 90 Prozent des verwendeten Nickels und Kupfers und 35 Prozent des Lithiums zu recyclen. CustomCells setze auf Innovation, insbesondere durch die Vorteile von Rundzellen, die eine längere Lebensdauer und Produktions-Effizienz böten. Dennoch gebe es bei der Integration dieser Zellform im elektrischen Fliegen noch Herausforderungen. Ein geplanter strategischer Schritt sei die Expansion nach Detroit zur Förderung der Produktion zylindrischer Zellen.
Schwieriges Umfeld
Trotz des Erfolgs steht auch CustomCells vor Herausforderungen: Gegenwind gebe es insbesondere durch wirtschaftliche Entwicklungen wie die Strafzölle auf Elektroautos und die Krise bei großen Herstellern wie VW, die sich auf den gesamten Markt auswirkten. Besonders dramatisch sieht CFO Ghoreishi dabei die Streichung von Fördermitteln durch die Bundesregierung. Das führe zu einer Erhöhung der Abwanderung von Fachkräften in die USA, wo Unternehmen mit attraktiven Angeboten gelockt würden. Zudem müssten Unternehmen strengere EU-Regularien einhalten, was sie im globalen Wettbewerb benachteilige. Der Heimatmarkt werde dadurch zunehmend unattraktiv.
In Deutschland spiele zudem ein weiterer Punkt eine wichtige Rolle: Obwohl der Standort Schleswig-Holstein von grünem Strom aus Windkraftanlagen profitiert, werde der Strom beim Einspeisen ins bundesweite Netz per Definition zu „schmutzigem“ Strom, was im Nachweis des CO2-Fußabdrucks des Unternehmens negative Folgen habe. Der Standort in Itzehoe bleibe aber dennoch ein wichtiger Faktor für Innovation und Nachhaltigkeit.