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Bericht
29.01.2019
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Zwischen gemeinsamen Zielen und Kirchturmdenken

Schleswig-Holstein hat zwar im Tourismus im letzten Jahr Rekord übernachtungen ver buchen können, aber dennoch sollten die Strukturen überdacht werden. Mit diesem Ziel hatte Sektionssprecher Karsten Kahlcke Dr. Bettina Bunge als Geschäftsführerin der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein (TASH) nach Eutin eingeladen. Dort hat Carsten Behnk als Bürgermeister seine Stadt Eutin als Ausflugs- und Übernachtungsort ausgebaut. Mit ihm saßen Robert Cordes als erfahrener Berater von Tourismusbetrieben sowie Christian von Oven, der Inhaber des Grand Hotels Seeschlösschen GmbH & Co. KG und weiterer Hotelstandorte an der Ostseeküste auf dem Podium.

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Bürgermeister Behn berichtet, die Stadt Eutin hätte kürzlich die Landesgartenschau ausgerichtet, was am Ende ein Millionendefizit hinterlassen hat. Dennoch habe es viele positive Effekte gegeben, vor allem eine beschleunigte Stadtentwicklung. Die Flächen zum Seegarten und zum
Schloßgarten seien nachhaltig verschönert worden. Zudem sei ein Reisemobilhafen mit 24 Stellplätzen gut angenommen worden. Dennoch bereite das Leerlaufen der Handelsplätze in den Innenstädten im Zuge eines wachsenden Online-Handels Sorgen. Cordes sieht Eutin auf einem guten Weg.

 

Das Wichtigste sei ein gutes Produkt. Mit dem Schick der 70er Jahre könne man weder für die Region werben noch gute Fachkräfte gewinnen. Und wenn keine Nachfolger zu finden sind, würden Hotels in Zweitwohnungen umgewandelt.

 

Dr. Bunge von der TASH berichtet, dass die Tourismusstrategie Schleswig-Holstein 2025 gerade evaluiert werde. Die TASH könne nur Marketing machen und keinen Vertrieb. Dabei müsse man Prioritäten setzen und könne nicht alle Wünsche der vielfältigen regionalen und
lokalen Tourismusorganisationen im Land beherzigen. Die Übernachtungen hätten zwar in den letzten fünf Jahren kontinuierlich zugelegt, dennoch zeige der Jahresverlauf große ungenutzte Potentiale, während man in den Sommermonaten weitgehend ausgebucht sei. Ausgewählte
Zielmärkte seien derzeit Dänemark, Schweiz und Österreich, wobei das mit 190.000 Übernachtungen zweitplatzierte Schweden im letzten Jahr einen Einbruch um 7,4 Prozent verbucht hat. Dr. Bunge setzt auf anlassbezogenes Themenmarketing für spezielle Zielgruppen als Urlaubsland, aber auch als Tagungsstandort für Firmen und Geschäftsreisende.

Christian von Oven arbeitet zwar mit den lokalen Tourismusverbänden eng zusammen, für die Vermarktung seiner Hotelkapazitäten müsse er jedoch selbst sorgen. Dafür werbe man gezielt in verschiedenen Marktsegmenten, beispielsweise bei Golfspielern. Insofern habe man
natürlich ein Interesse, dass Schleswig-Holstein gute Freizeit- und Kulturangebote anbieten könne.

In der anschließenden Diskussion wurde angeregt, die Kräfte stärker zu bündeln, zum Beispiel mit Blick auf die großen Tourismusbetriebe und die Landesstrategie. Die Vielfalt von lokalen und regionalen Förderstrukturen sei aufgerufen, viel stärker als bisher zu kooperieren oder zu fusionieren. Gemessen an anderen Bundesländern sind die verfügbaren Landesmittel für eine Vermarktung des Standortes in Schleswig-Holstein mager, weshalb die Förderung des Landes nicht auch noch auf untergeordnete Ebenen verteilt werden sollte. Die aktuellen Strukturen aus vielen kleinen Kirchtürmen hätten sich im Zuge der Digitalisierung überlebt.


Das Land sollte darauf reagieren und die Kräfte besser bündeln. Es wird bessere Voraussetzungen dafür schaffen müssen, dass zukünftig ausreichend Saisonkräfte den Service sicherstellen, wofür günstige Unterbringungsmöglichkeiten benötigt werden. Der heiße Sommer mit seinen guten Zahlen für die Branche dürfe jedenfalls nicht darüber hinwegtäuschen, dass der strukturelle Anpassungsbedarf für das Tourismusland Schleswig-Holstein ausgesprochen hoch bleibt, so Sektionssprecher Karsten Kahlcke resümierend. / Dr. Bertram Zitscher