„Der Haushalt fliegt uns um die Ohren“

Die feste Fehmarnbeltquerung ist ein Projekt, das die Unternehmer in Lübeck umtreibt und viele Fragen für die Zukunft des Standortes aufwirft. Sie war daher eines der Themen, das die Mitglieder der Sektion Lübeck unter der Leitung ihres Sprechers Johannes Kalläne mit Henning Schuhmann, dem Stadtpräsidenten der Hansestadt Lübeck, diskutierten.
Ein halbes Jahr, nachdem Jan Lindemann, Bürgermeister der Hansestadt Lübeck, der Einladung des Wirtschaftsrates gefolgt war, stand mit Henning Schuhmann jetzt der Vorsitzende der Bürgerschaft den Lübecker Mitgliedern Rede und Antwort. Dies bot nicht nur einen Vergleich zwischen dem Christ- und dem Sozialdemokraten, sondern gewährte auch ergänzende Einblicke in den politischen Alltag und die Entscheidungsprozesse in Schleswig-Holsteins zweitgrößter Stadt.
Schuhmann, der seit zwei Jahren im Amt ist, eröffnete die Diskussionsrunde mit einem Rückblick auf die Arbeit der vergangenen Monate und die Zusammenarbeit mit Bürgermeister Lindemann. „Ich bin heute mit meiner eigenen Meinung hier“, machte Schuhmann zu Beginn deutlich. Gerne vergleiche er Entscheidungen der Stadt Lübeck mit denen der Stadt La Rochelle in Frankreich, mit der Lübeck seit 1977 eine Städtepartnerschaft verbindet. Dabei sei der hohe Anteil an beschäftigten Beamten in der Stadt Lübeck offensichtlich. Jährlich würden 150 Stellen besetzt, während in La Rochelle in den vergangenen Jahren keine einzige hinzugekommen sei. Das belaste die Finanzen der Stadt erheblich: „Der Haushalt fliegt uns um die Ohren“, mahnte Schuhmann.
Gleichzeitig machte Schuhmann deutlich, dass keinem der städtischen Beschäftigten der Job weggenommen werden solle. Die kontinuierliche Neuschaffung von Stellen könne man aber nicht durchhalten. Im letzten Jahr hätte das Defizit der Stadt bei 100 Millionen Euro gelegen, davon seien die größten Anteile dem Anstieg von Transferleistungen, der Steigerung von Besoldungsgeldern und den Rückstellungen für Beamten geschuldet. Das löse Konflikte aus: „Verteilen ist einfacher als Einsparen“, so Schuhmann.
Der Stadtpräsident sieht aber auch Grund zur Hoffnung: Die feste Fehmarnbeltquerung, die Dänemark direkt mit dem norddeutschen Festland verbinden wird, soll eine wichtige Verkehrsachse für den Güter- und Personenverkehr zwischen Mitteleuropa und Skandinavien werden. „Wir haben alles, was eine prosperierende Wirtschaft braucht“, betonte Schuhmann. Dafür seien aber ausreichend Gewerbeflächen notwendig, auch interkommunal. „Das Mindset muss stimmen, dann können wir ein großer Gewinner sein“, gab er sich optimistisch.
Nicht für jedes Lübecker Unternehmen würden die Vorteile aber uneingeschränkt positiv sein, denn beispielsweise müssten die potenziell negativen Auswirkungen auf den Hafenbetrieb berücksichtigt werden. Dennoch betonte Schuhmann, dass man dem Rostocker Hafen durchaus Konkurrenz machen wolle: „Die Versorgung der NATO-Ostlinie läuft derzeit vollständig über Rostock – das wollen wir ändern“.