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Bericht
29.01.2025
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„Es mangelt uns an einer Fehlerkultur“

Mittagsveranstaltung der Sektion Ostholstein-Plön mit Landrat Björn Demmin zur Digitalisierung der Verwaltung
©Wirtschaftsrat

Das Bild, das Karsten Kahlcke, Sprecher der Sektion Ostholstein-Plön, bei seiner Begrüßung vor den Mitgliedern und Gästen zeichnete, war düster. Deutschland befinde sich im Krisenmodus, hohe Kosten, zu geringe Investitionen, ein ausufernder Sozialstaat, zunehmende Bürokratie und Verwaltung: Das alles habe dazu geführt, dass das Land nicht mehr wettbewerbsfähig sei. Damit sich die Lage zum Besseren wandle, sei ein Wandel nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in der Verwaltung erforderlich sowie eine stärkere Orientierung an der Praxis.

Damit war der Ton gesetzt für eine Mittagsveranstaltung mit dem Titel „Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung. Herausforderungen und Anforderungen, aktueller Stand und Vorteile für Bürger und Wirtschaft". Björn Demmin, Landrat des Kreises Plön, stimmte zu. Ja, es gebe eine Überverwaltung, die so nicht weitergehen könne. Grund hierfür sei aber auch eine immer stärkere Verlagerung von Aufgaben an die Verwaltung, für die der Gesetzgeber verantwortlich sei.

700 Mitarbeiter habe die Kreisverwaltung Plön; die Personalsuche gestalte sich mittlerweile schwierig. Das Onlinezugangsgesetz betrachte man als Verpflichtung, doch nicht alle Bürger wollten auf den Gang zum Amt verzichten, so der Landrat. Dabei sei Plön ein Musterkreis, denn beispielsweise die Einbürgerung sei mittlerweile online möglich. Die Verwaltung habe durchaus Interesse daran, effizienter zu sein und sei daher dankbar für konkrete Vorschläge seitens der Bürger und Unternehmen.

Andreas Betz, Amtsdirektor Hüttener Berge, betonte, Voraussetzung für die Digitalisierung sei die IT-Infrastruktur. Die sei in Schleswig-Holstein gut ausgebaut, 50 % der Haushalte hätten bereits einen Glasfaseranschluss, 73 % könnten ihn nutzen, wenn sie sich anschließen würden. Das Amt Hüttener Berge verlege derzeit 9.000 Hausanschlüsse, auch auf dem Land. Die Gewerbean- und -abmeldung funktioniere bereits vollkommen digital, doch kaum jemand wisse das. Bürger könnten sich ein Servicekonto beim Amt einrichten, doch kaum jemand habe eines. Das Onlinezugangsgesetz sei auch bei ihm im Hause noch längst nicht umgesetzt. Und Betz weiß auch, warum: „Es ist die Angst vor Fehlern. Uns mangelt es an einer Fehlerkultur.“ Zur Überregulierung und dem Anstieg der Verwaltung trage aber auch der Anspruch auf Gerechtigkeit gegenüber jedermann bei, auf den im konkreten Fall niemand verzichten möchte.

Aus Unternehmersicht beklagte Moriz Gebert als Geschäftsführer der D. Schmudlach Bau GmbH, dass er zwar sein Unternehmen nach der Übernahme konsequent digital umgebaut habe, für Ausschreibungen und Meldungen an Behörden aber keine einheitlichen Schnittstellen existierten. Und ein PDF hochzuladen, sei noch keine Digitalisierung. Er wünsche sich einheitliche Portale und digitalisierte Prozesse bei der Abwesenheit von Mitarbeitern im Amt.

In der anschließenden Diskussion kristallisierten sich folgende Punkte heraus: Die strenge Auslegung des Datenschutzes bremst die Digitalisierung aus. Schätzungsweise 50 % der Unternehmer begrüßten die Digitalisierung, die andere Hälfte aber habe Sorge vor dem „gläsernen Unternehmer“. Als Anreiz für die stärkere Nutzung der Online-Angebote durch die Bürger wurde eine Verteuerung der analogen Leistungen im Amt erwogen. Hoffnung unter den Teilnehmern verbreitete die Aussicht, dass Standard-Anträge künftig mittels KI bearbeitet werden könnten. Und immerhin: Mit dem IT-Verbund Schleswig-Holstein (ITVSH) verfüge Schleswig-Holstein über einen deutschlandweit einzigartigen Verband, der Kommunen bei der Digitalisierung begleitet. Er treibt kommunale Digitalisierungsprojekte voran und macht sie für die kommunale Gemeinschaft nutzbar.