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Bericht
12.03.2025
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Lübecks größter Vorteil ist sein Standort

Rathausgespräch der Sektion Lübeck mit Bürgermeister Jan Lindenau
©Wirtschaftsrat

An einem historisch beeindruckenden Ort konnte Johannes Kalläne, Sprecher der Sektion Lübeck, Mitglieder des Wirtschaftsrates und Gäste begrüßen. Zum Rathausgespräch hatte Lübecks Bürgermeister Jan Lindenau in den Roten Saal des seines Amtssitzes geladen, um mit den Unternehmern über die wirtschaftliche Situation der Stadt zu diskutieren.

Er begann sein Statement mit einer guten Nachricht: Von einer wirtschaftlichen Krise spüre er als Stadtoberhaupt nichts, denn die Wirtschaft der Stadt sei stark diversifiziert und keine Branche mit mehr als 25 % gewichtet. Daher bestünden auch keine zu großen Abhängigkeiten. Im Gegenteil: Die Gewerbesteuereinnahmen stiegen weiter, auch wenn einzelne Branchen derzeit durchaus schwächer seien. Größte Branche sei aufgrund des Hafens die Logistik. Die Ausgabenseite sehe dagegen weniger erfreulich aus: Der Bund belaste die Kommunen laufend mit neue Aufgaben, und die Personalkosten seien aufgrund der jüngsten Tarifverträge stark gestiegen.

Lübecks größter Vorteil sei nach wie vor sein Standort, so Lindenau. Die Stadt sei durch Straße, Schiene, Flughafen, Ostseehafen und innerstädtischen Seehandel mit Hamburg bestens aufgestellt. Im direkten Wettbewerb stehe Lübeck daher auch nicht mit Kiel, sondern mit Rostock. Nach wie vor habe man zudem den größten RoRo-Hafen Deutschlands.

Auch für die Zukunft sieht Jan Lindenau seine Stadt gut aufgestellt. Daran werden auch die feste Fehmarkbelt-Querung nichts ändern. Zu lange habe man sich auf diese Infrastrukturmaßnahme nur unzureichend vorbereitet, räumte er ein; doch jetzt hole man auf. Hilfreich sei hierbei die Erkenntnis, dass aus Sicht der Dänen Lübeck die Hauptstadt der Fehmarnbelt-Region sei; die Einwohner von Lolland seien künftig schneller in Lübeck als in Kopenhagen. Auch sei die Hansestadt den Dänen in Bezug auf die Einwohnerzahl viel vertrauter als das deutlich größere Hamburg. Entsprechend groß sei die Nachfrage dänischer Unternehmen nach Gewerbeflächen in der Stadt, erste dänische Ansiedlungen gebe es bereits.

Auch ansonsten könne er sich über das wirtschaftliche Interesse an seiner Stadt nicht beklagen, hob der Bürgermeister hervor: Die Anfragen überträfen die verfügbaren Flächen um das Dreifache. Dies mache eine Steuerung der Ansiedlungen erforderlich, die daher durch einen Kriterienkatalog erfolge. Ziel sei es, den klassischen Mittelstand anzusiedeln. In die Bewertung würden die Anzahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze ebenso einfließen wie die Nachhaltigkeit und die positive Sogwirkung auf anderer Unternehmen oder Branchen. Insgesamt gelange die Stadt mit ihren Flächen aber an ihre Grenzen, und zwar buchstäblich: Lindenau will daher die interkommunalen Gewerbeflächen mit den angrenzenden Gemeinden ausbauen. Und bereits bestehende Gewerbeareale würden restrukturiert und weiterentwickelt.

Auch der Tourismus biete Grund zur Freude: Mit 2,3 Millionen Übernachtungen verzeichnete die Stadt den zweiten Rekord in Folge. Davon entfielen 1,1 Millionen auf Lübeck und 1,2 Millionen auf Travemünde.

Eines seiner Kernanliegen sei die Modernisierung der öffentlichen Infrastruktur, so Lindenau. Dazu zähle auch die Verwaltung. Daher freue er sich, dass Lübeck im Smart-Cities-Ranking bei der Digitalisierung auf Platz sieben vorgerückt sei. Bei der Verkehrsinfrastruktur räumte der SPD-Politiker eine starke Bautätigkeit in der Stadt ein, die regelmäßig für Unmut sorge. Doch auch daran arbeite man: Die Ampeln würden künftig nach Verkehrsaufkommen und in Echtzeit geschaltet.

Bei der Innenstadtentwicklung hingegen könne er die Schwarzmalerei, die er auch den Medien entnehme, nicht nachvollziehen, stellte der Bürgermeister klar. Die Leerstandsquote liege bei 8,7 % und damit deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 15 %. Selbst für die beiden Karstadt-Immobilien gebe es mittlerweile Lösungen, auch weil eine davon durch die Stadt erworben wurde und künftig u.a. als Schulgebäude genutzt werde.

Die anschließende Diskussion befasste sich u.a. mit dem Kulturschutzstatus auf dem gesamten Stadtgebiet, der bei allen Erdarbeiten zwingend archäologische Untersuchungen nach sich zieht und Bauarbeiten dadurch verlängert. Thema war außerdem der Masterplan für die Sanierung der 102 Brücken der Stadt, die Hafenvertiefung und -entwicklung sowie die Frage, ob Lübeck von den in Aussicht stehenden Infrastrukturmilliarden aus Berlin wird profitieren können.

Die anwesenden Unternehmer kritisierten die langen Genehmigungsverfahren bei Neubauten und Ansiedlungen sowie die starke Regulatorik. Jan Lindenau verwies hier jedoch auf die Vorschriften der Landesbauordnung und damit auf die Landesbauministerin. Mit einem positiven Ausblick konnte er dennoch schließen: Für Studenten seien 1.000 neue Wohnungen in Planung.