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Bericht
14.03.2025
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„Vereinfachen ist kompliziert“

Diskussionsveranstaltung der Sektion Segeberg mit Niclas Herbst MdEP
©Wirtschaftsrat

Fragt man Unternehmer heutzutage nach ihren größten „Schmerzpunkten“, so wird zuverlässig neben „Energiekosten“ und „Fach-/Arbeitskräftemangel“ der Komplex „Bürokratie und Überregulierung“ als größte Belastung genannt. Aus diesem Grund hat die Sektion Segeberg ihre Veranstaltungen des Jahre 2025 unter das Motto „Büroabbau“ gestellt. In der ersten Diskussionsrunde unter Leitung von Sektionssprecher Tomas Kleitsch ging es exemplarisch um die CSRD-Vorschriften der Europäischen Union. Als schleswig-holsteinischer Abgeordneter im Europäischen Parlament war daher Niclas Herbst MdEP nach Henstedt-Ulzburg in die Räume der Erich Werkmeister GmbH & Co. KG gekommen.

Herbst sah sich sogleich in einer Situation, in der er als Europaabgeordneter für eine Verordnung (CSRD) verantwortlich gemacht wurde, die er nach eigenem Bekunden selbst ablehne. Sie stamme zudem noch aus einem Parlament mit anderen Mehrheitsverhältnissen und von einer Kommission mit anderem Personal. Nach der jüngsten Europawahl stammten von den 27 Mitgliedern der Kommission mittlerweile 14 aus der EVP-Familie. Entsprechend sei auch die Ausrichtung der EU-Politik mittlerweile eine andere. Hinzu kämen neue geopolitische Rahmenbedingungen, die neue Prioritäten verlangten. Viel Geld müsse künftig in die europäische Verteidigung investiert werden, ohne dabei andere Bereiche wie die Agrarausgaben zu beschneiden. Das käme einer Quadratur des Kreises gleich, so der Abgeordnete.

Um hier ein Zeichen zu setzen, sei als erstes die Verordnung für eine entwaldungsfreie Lieferkette (EUDR) für ein Jahr ausgesetzt worden. Im Parlament gebe es zudem keine Mehrheit mehr für den Green Deal. Eine Mehrheit für mehr Wettbewerb gebe es hingegen aber auch noch nicht. Generell gelte in der EU leider: „Vereinfachen ist kompliziert“. Immerhin sei jetzt das Omnibus-Sammelverfahren auf den Weg gebracht worden, das Vereinfachungen bei der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und beim Lieferkettengesetz vorsehe. Doch Herbst betonte: „Die Kommission ist für eine Vereinfachung, nicht für die vollständige Deregulierung.“ Vollständig wegfallen würden diese Regelungen also nicht.

Die anschließende Diskussion warf die Frage aus, ob es nicht sinnvoller wäre, strengere Kontrollen und härtere Strafen bei Missbrauch einzuführen, anstatt pauschal alle Unternehmen unter Generalverdacht zu stellen und mit Regulierungen zu überziehen. Diese seien oftmals lediglich ein teures Geschenk für die Beratungswirtschaft. Auch sei fraglich, ob das Omnibus-Verfahren als politisches Signal ausreiche, um der aufgestauten Frustration der Unternehmer entgegenzuwirken.

Es stelle sich die grundsätzliche Frage, welche Aufgaben der Staat leisten könne und leisten solle. Denn die Frage sei nicht, ob die Mitarbeiter in den Verwaltungen schnell oder langsam arbeiteten. Wichtig sei vielmehr, dass sie effizient arbeiteten. Doch der Druck hierzu müsse aus den Ländern kommen und er baue sich mittlerweile durch die Lücken in den Haushalten auch tatsächlich auf.

Niclas Herbst betonte schließlich mit Blick auf Europas Position zwischen den geopolitischen Machtblöcken: „Europas großer Vorteil ist sein Binnenmarkt. Doch damit dieser voll zum Tragen kommen kann, muss Europa einig sein. Und Binnenmarkt bedeutet immer auch Regulierung.