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Bericht
25.09.2024
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Draghi-Bericht bleibt aber hinter Erwartungen zurück und löste keine Reformagenda aus.

Es fehlt die Fokussierung auf marktwirtschaftliche Lösungen und die Rolle des Marktes.
©Adobe Stock

Der langersehnte Bericht von Mario Draghi zur Wettbewerbsfähigkeit der EU liegt nun endlich vor. Es fällt auf, dass er eine offene Analyse abgibt, wie es um Position der EU im globalen Wettbewerb bestellt ist. Und hier verfolgt der Draghi-Bericht nicht mehr die üblich „Selbstzufriedenheit der EU“, sondern zeichnet ein reales Bild. Mario Draghi macht deutlich, dass die EU und ihre Wirtschaft im internationalen Wettbewerb schlecht aufgestellt sind. Er führt vor allem den Verlust an Innovationskraft, hohe Energiekosten und Abhängigkeiten in einem Systemwettbewerb mit China als Gründe an. Dabei gibt er auch der Europäischen Kommission die Verantwortung, durch Überregulierung und Belastungen aus Berichtspflichten die Wettbewerbsposition verschlechtert z u haben. Draghi fordert künftig mehr Zurückhaltung bei der Regulierung und den Berichtspflichten. Insofern gibt er ein ehrliches Lagebild zu Beginn der neuen Legislaturperiode der Europäischen Kommission.

Allerdings lässt der Draghi-Bericht bei den Handlungsempfehlungen nach, aus richtigen Analysen folgen bei Draghi leider nicht automatisch die richtigen Lösungsvorschläge. So setzt auch dieser Bericht stark auf institutionelle bzw. politische Lösungswege. Erkennbar wird wieder auf technokratische und diskretionäre Politikmaßnahmen zurückgegriffen, anstatt regulatorische und wirtschaftspolitische Freiräume für Investoren und Unternehmen zu schaffen.

Es ist ein Irrglaube Draghis, auf die Herausforderungen strategischer Industrien im internationalen Wettbewerb mit einer industriepolitischen Strategie antworten zu müssen. Auch fehlt ein Weiterdenken, wie mit marktwirtschaftlichen Lösungen die Energiekosten gesenkt werden können – rein auf die Kooperation der Energiemärkte zu hoffen, wird nicht reichen.

Unverständlich ist, dass der ehemalige EZB-Präsident Mario Draghi in Zeiten einer Investitionsdekade nicht auf den Zusammenhang von Öffentlichen Schulden und Finanzmarktstabilität eingeht. Stattdessen führt er die Emission von EU-eigenen Anleihen ins Feld. Damit erweist sich der Draghi-Report als Bärendienst für die neue EU-Periode.

Draghi hätte sich auf die Finanzierungskapazitäten eines tiefen, echten Europäischen Kapitalmarktes zu konzentrieren müssen. Hier liefert er gute Vorschläge, wie die Zentralisierung der Kapitalmarktaufsicht und das Wiederbeleben der Verbriefungsmärkte. Der Fokus muss darauf liegen, wie mehr privates Kapital in der EU freigesetzt werden und in den europäischen Heimatmarkt investiert werden kann. Hier zeigen sich beim Draghi-Report mit einer stärkeren Finanzierung öffentlicher Güter aus privaten Mitteln gute Vorschläge. Auch zeigt er auf, dass im Versicherungsmarkt Kapital für Wachstumsfinanzierungen junger Unternehmen schlummer.

Der Draghi-Bericht hätte sich stärker auf Marktlösungen und auf Rahmenbedingungen, die die Unternehmen in eine bessere Ausgangslage im internationalen Wettbewerb bringen, fokussieren müssen. Dann hätte er auch die weiteren Wettbewerbshemmnisse für die europäische Unternehmen – zu geringe Arbeitsproduktivität bzw. zu hohe Arbeitskosten – adressiert. So bleibt der Draghi-Bericht hinter den Erwartungen und Hoffnungen zurück, eine europäische Reformagenda löst Draghi damit nicht aus.