Cookie-Einstellungen

Bericht
17.03.2021
Drucken

Aus den Ländern (Baden-Württemberg) - Analyse der Landtagswahl 2021

In einer Videokonferenz analysierte der Wirtschaftsrat in Kooperation mit der Konrad-Adenauer-Stiftung die Wahlergebnisse der Landtagswahl in Baden-Württemberg gemeinsam mit dem Professor für Kommunikationswissenschaft der Universität Hohenheim, Prof. Dr. Frank Brettschneider, und der stellvertretenden Hauptabteilungsleiterin Analyse und Beratung der Konrad-Adenauer-Stiftung, Dr. Viola Neu.

In einer Videokonferenz analysierte der Wirtschaftsrat in Kooperation mit der Konrad-Adenauer-Stiftung die Wahlergebnisse der Landtagswahl in Baden-Württemberg gemeinsam mit dem Professor für Kommunikationswissenschaft der Universität Hohenheim, Prof. Dr. Frank Brettschneider, und der stellvertretenden Hauptabteilungsleiterin Analyse und Beratung der Konrad-Adenauer-Stiftung, Dr. Viola Neu.
©None

Dr. Viola Neu führt zu Beginn aus, dass die letzten drei Landtagswahlen in Baden-Württemberg nicht nur von der Landespolitik geprägt waren, sondern auch von einem großen, bundespolitischen Thema. 2011 waren es die Naturkatastrophe von Fukushima und die damit verbundene Debatte um Atomkraft, 2016 war es die Flüchtlingskrise und 2021 die Corona-Pandemie. Das Krisenmanagement der Regierung Kretschmann stand bei dieser Landtagswahl klar im Vordergrund. Dr. Viola Neu betont hier den Amtsbonus Kretschmanns, der in dieser Wahl besonders stark war. Dank Deutschlands föderalem System, tragen der Ministerpräsident Kretschmann und die Grünen eine große Verantwortung beim Krisenmanagement. Als führende Regierungspartei konnten sie sich als die Krisenmanager Baden-Württembergs inszenieren. Auch im digitalen Wahlkampf spielte der Amtsbonus eine Rolle. Die Grünen konnten mehr Kommunikationswege nutzen und hatten eine größere Medienpräsenz. Laut Dr. Neu sind die deutschen Parteien gut darin, digitale Wahlkämpfe zu führen. Die Herausforderung läge aber darin, die Wähler digital zu erreichen. Hier habe die CDU ein Problem, da ihre Wählerschaft seltener politische Inhalte im Internet lese und verbreite als die Wählerschaften anderer Parteien, dadurch falle es der Union besonders schwer, ihre Basis digital zu mobilisieren.

 

Mit Blick auf die Wählerwanderung falle auf, dass sehr viele CDU-Wähler entweder nicht wählen gingen oder zu Grünen und FDP abgewandert seien. Im Vergleich zur Landtagswahl in Rheinland-Pfalz, merkte Dr. Viola Neu an, dass bei den Parteien ähnliche Gewinne und Verluste zu beobachten seien. Grüne und FDP legten zu, CDU, AfD und SPD nahmen ab. Auch der Amtsbonus sei bei Malu Dreyer und Winfried Kretschmann ähnlich stark gewesen. Beiden sei es gut gelungen, ein eigenständiges Profil zu vermitteln und sich somit von dem negativeren Image ihrer Parteien auf Bundesebene zu befreien. Susanne Eisenmann und Christian Baldauf hingegen sei dies nicht gelungen. Beide hätten in ihren Bundesländern ein negativeres Image als die CDU auf Bundesebene.  

Prof. Dr. Frank Brettschneider nannte die zwei wichtigsten Säulen von Wahlerfolg: Die Mobilisierung der eigenen Basis und die Überzeugung der unentschiedenen Wähler. Für diese Wechselwähler seien zum einen das Spitzenpersonal der Parteien und zum anderen die Themen, die unmittelbar vor der Wahl eine Rolle spielen, entscheidend. Beim Spitzenpersonal spielen laut Herrn Prof. Brettschneider die wahrgenommene Themenkompetenz, die Integrität und Führungsqualitäten eine Rolle. Während Winfried Kretschmann hier in allen Bereichen überzeugen konnte, sei Susanne Eisenmann überwiegend negativ wahrgenommen worden. Selbst bei den Anhängern der CDU schnitt der Ministerpräsident besser ab als Frau Eisenmann, Herr Prof. Brettschneider sprach von einem Mobilisierungsproblem der Union.

 

Auch im Krisenmanagement werde Kretschmann besser wahrgenommen als Eisenmann. Prof. Brettschneider sieht vor allem zwei Fehler in der Mobilisierungsstrategie der CDU: Zum einen habe die Union einen personalisierten Wahlkampf geführt. Die unbeliebte Susanne Eisenmann als Gesicht der CDU zu präsentieren sei ein Fehler gewesen, ein Parteien- bzw. Themenwahlkampf wäre laut Prof. Brettschneider klüger gewesen. Zum anderen habe die CDU sich als Opposition zu den Grünen präsentiert, obwohl sie Teil der Regierung gewesen sei. Als Regierungspartei auf Konfrontationskurs mit den Koalitionspartnern zu gehen, komme bei der Wählerschaft nicht gut an.

 

Hinzu komme, dass vor allem die FDP von diesen Fehlern profitieren konnte und CDU-Anhänger zu sich holte. Prof. Brettschneider ging ebenso auf die Instrumente des Wahlkampfes ein, so würden die Sozialen Medien nur die Anhänger erreichen, die bereits von ihrer Partei überzeugt seien. Das effektivste Instrument sei immer noch das altbewährte Wahlplakat. Hier bemängelte er die Plakate von CDU und SPD, während die Grünen mit ihren Plakaten alles richtig gemacht hätten: Klare Bilder, wenig Text.  

Zum Schluss wagte Prof. Brettschneider einen Ausblick auf die Koalitionsbildung nach der Wahl. Hier seien verschiedene Faktoren von Bedeutung. Zum einen die Themen: Wo gibt es Schnittmengen? Wo herrschen Konflikte? Der zweite Faktor sie die persönliche Ebene: Gibt es Vertrauen? Kann man sich in einer Regierung aufeinander verlassen? Darüber hinaus spielen auch die eigenen Anhänger eine Rolle: Welche Optionen präferieren sie? Was möchte die Basis? Das alles fände auch noch unter Corona-Bedingungen statt, es müsse daher möglichst schnell eine verlässliche Koalition gebildet werden, um das Krisenmanagement fortzuführen.

 

Prof. Brettschneider hält eine Fortsetzung der Koalition Grün-Schwarz für wahrscheinlich. Bündnis 90/Die Grünen und die CDU seien sich auf der Themenebene nah, personell komme man gut miteinander klar, die Wählerschaft der Parteien habe für eine Fortsetzung der Koalition gestimmt und für das Corona-Krisenmanagement erscheine die bereits eingespielte Regierung aus CDU und Grünen als die logische Alternative. Da SPD und FDP in Bezug auf Themen und Anhänger etwas weiter voneinander entfernt seien, hält Prof. Brettschneider eine Ampel-Koalition für unwahrscheinlicher. An die Bundesebene sende diese Wahl keine Signale, es sei den Wählern in Baden-Württemberg bei dieser Wahl überwiegend um Landespolitik gegangen.