Aus den Ländern (Baden-Württemberg): Die EU nach Corona - geeint oder gespalten?
Im Dialog mit den Sprechern der Sektionen Stuttgart, Ludwigsburg, Heilbronn und Esslingen/Göppingen sprach der Vizepräsident des Europaparlaments, Rainer Wieland MdEP, über die Corona-Krise und aktuellen Chancen der EU.
Auch aus der Corona-Krise müsse Europa geeinter hervorgehen. So biete eine Krise auch immer die Möglichkeit neue Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen und sich für die Zukunft besser aufzustellen. Nach dem Motto „Don´t waste a good crisis“ sieht Rainer Wieland MdEP in der momentanen Zeit viele Möglichkeiten zu einer besseren Aufstellung der EU. Im Austausch mit Steffen Beck (Sektionssprecher Stuttgart), Dr. Peter Wende (Sektionssprecher Ludwigsburg), Dr. Raid Gharib (Sektionssprecher Heilbronn) und Cornel Pottgiesser (Sektionssprecher Esslingen/Göppingen) machte sich Wieland jedoch auch für das Krisenmanagement der EU stark. Die Europäische Union habe bereits zu Beginn der Krise mehr humanitäre Hilfe geleistet als weithin wahrgenommen wurde. Die mediale Aufmerksamkeit für Hilfslieferungen aus China und Russland waren diesbezüglich kontraproduktiv und sorgten nicht nur dafür, dass die innereuropäischen Hilfen in den Hintergrund traten sondern trugen zum Teil auch zu Spaltungstendenzen in der EU bei
Die Pandemie hat aber auch gezeigt, dass sich Europa gemeinsam in Zukunft besser aufstellen und eine gemeinsame Pandemie-Strategie erarbeiten müsse. Grenzüberschreitende Pandemiebekämpfung müsse in Zukunft in Europa möglich sein, vor allem, wenn Infektionshotspots an Ländergrenzen liegen. Aber auch weitere Möglichkeiten wie eine gemeinsame Lagerhaltung von medizinischen Produkten müssen kommen. Gemeinhin die Produktion gewisser medizinischer Produkte wieder nach Europa zu holen, halte Wieland entgegen nicht für zielführend und könne auch in Anbetracht des hohen deutschen und europäischen Wettbewerbsdrucks langfristig keine Lösung sein.
Mit den aktuellen Hilfsgeldern, dem neuen EU-Haushalt und dem Anleihenkaufprogramm der EZB erhoffe man sich, die Europäische Union auch für die Zukunft besser aufzustellen. Dabei mahnt Wieland jedoch: „Wir müssen aufpassen, dass die Veranstaltung nicht heißt frisches Geld für alte Probleme“. Die Gelder dürfen nicht nur zur wirtschaftlichen Folgenbekämpfung der Corona-Pandemie eingesetzt werden, sondern müssen auch in die Bewältigung wichtiger Herausforderungen der EU fließen. So sei es zum Beispiel elementar sich im Bereich Forschung und Entwicklung besser aufzustellen, um in wichtigen Zukunftstechnologien nicht den Anschluss zu verlieren.
Auch wirtschaftspolitisch werde sich die EU zukünftig auf wichtige Handelspartner zubewegen, um den europäischen Binnenmarkt zu entlasten und den europäischen Export zu stärken. „Während China Seidenstraßen baut, bauen wir nur Seitenstraßen“ so Wieland mit Blick auf die internationale Handelspolitik. Hier müsse Europa in Zukunft noch stärker auf bilaterale Abkommen mit wichtigen Verbündeten setzen, um zu verhindern, dass sich Nachbarn und Partner von der EU abwenden. Denn nur mit einer verstärkten Zusammenarbeit der europäischen Länder in der EU könne man auch auf Dauer eine geopolitische Bedeutung garantieren.