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Bericht
22.07.2018
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"Die Politik soll nicht vordenken, sondern experimentieren lassen"

Digitalisierung im Mittelstand –unter diesem Motto stand die diesjährige Zukunftskonferenz des Wirtschaftsrates. Der Landesverband Baden-Württemberg war in diesem Jahr zu Gast in der Sektion Hohenlohe/Schwäbisch Hall, genauer gesagt im neu eröffneten Carmen Würth Forum in Künzelsau. Manfred Kurz, Leiter der Repräsentanzen Berlin und Brüssel des Würth-Konzerns und Sprecher der Sektion Hohenlohe/Schwäbisch Hall, begrüßte die Teilnehmer und wies auf den Mangel an Grundlagen für den digitalen Wandel in Deutschland hin. Deutschland sei im internationalen Vergleich weit abgeschlagen, was den flächendeckenden Netzausbau angehe. So gebe es beispielsweise in Albanien eine bessere Netzabdeckung als in Deutschland.
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Hauptredner des Abends war Prof. Dr.-Ing. Thomas Bauernhansl, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart. Er erläuterte zunächst die Entwicklungsstufen der digitalen Transformation, angefangen bei der Digitalisierung, die mit einem digitalen Abbild analoger Prozesse (z.B. NC-Technologie) bereits in den 1950er Jahren Einzug fand. Die Virtualisierung folgte ab den 1980ern mit der digitalen Modellierung von Prozessen (z.B. CAD/CAM). Neben der Vernetzung (ab ca. 1990) wird die digitale Transformation ergänzt durch die Autonomisierung, also autonome, selbst-organisierende Systeme wie beispielsweise autonome Transportsysteme. Bauernhansl geht auch auf die Entwicklung des Internet of things ein und wagt eine Prognose: im Jahr 2020 wird die weltweite Bevölkerung von 7,6 Mrd. Menschen umgeben sein von 50 Mrd. vernetzten Geräten. Diese Entwicklung beschreibt Bauernhansl als die „Geburt der Zugangsökonomie“. Die für Unternehmen wertvollen Nutzungsdaten und der Zugang zum Kunden werden ohne direkten Vertrieb möglich, da die Personalisierung der Produkte oft durch die Kunden selbst vorgenommen werde. Als größten Einfluss der Digitalisierung bezeichnete Bauernhansl Machine Learning: „Vieles steht uns hier noch bevor“.

Im Rahmen einer Podiumsdiskussion wurden anschließend die Fragen zur praktischen Umsetzung der Digitalisierung in mittelständischen Unternehmen diskutiert. Auf die Frage, woran Digitalisierung häufig scheitere, erklärte Dieter Dragon, Managing Director der PITERION GmbH, dass viele Fehler auf Unwissen beruhten, beispielsweise würden viele Unternehmer einen Softwareeinkauf mit Digitalisierung gleichsetzten, was nicht der Fall sei. Eine Herausforderung liege außerdem darin, dass für den Digitalisierungsprozess Risikoentscheidungen getroffen werden müssten. Thorsten Weidt, Gesellschafter der BridgingIT GmbH, empfahl, die Mitarbeiter in jedem Fall in den Prozess mit einzubinden und kleine Technologieschritte zu machen, um Ängste zu zerstreuen und sie richtig weiterzubilden. Von der Politik forderten die Experten, Räume zu öffnen, die Gesellschaft mit einzubeziehen und nicht zuletzt die nötige Infrastruktur auszubauen.