Aus den Ländern (Baden-Württemberg): Vor allem für Frauen ist Corona-Krise eine Mehrfachbelastung
Führt die Corona-Pandemie zur Renaissance verstaubter Rollenbilder? Stimmt die These des Wirtschaftsmagazins Forbes, dass weibliche Regierungschefs weltweit das bessere Krisenmanagement betreiben? Und inwiefern kann Gleichberechtigung auch ein Beitrag zu kluger Wirtschaftspolitik sein?
Ausgangspunkt des Gesprächs waren die jüngst eingeleiteten Maßnahmen von Bundestag und Bundesregierung, um insbesondere die negativen wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie einzudämmen. Yvonne Magwas sprach von einem regelrechten „Kraftpaket“, dessen oberstes Ziel es sei, dass unser Land möglichst schnell wieder aus der Krise herausfindet. Dabei gelte es auch, die frauenpolitischen Besonderheiten zu beachten – gerade auch aus wirtschaftspolitischen Interesse.
Vor allem für Frauen bedeute die Corona-Krise eine Mehrfachbelastung. Frauen tragen entscheidend dazu bei, dass unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft bisher so gut durch die Corona-Krise gekommen sind. Denn Frauen seien in den sog. Sorgeberufen – namentlich etwa im Gesundheitswesen – überdurchschnittlich stark vertreten. Das bedeute im Umkehrschluss aber auch, dass die Belastungen durch die Corona-Krise im Wesentlichen von Frauen getragen werden. Hinzu kommt, dass im Gegensatz zur Finanzkrise von 2008/09 dieses Mal eben nicht der Finanzbereich oder andere gutbezahlte Jobs besonders stark betroffen sind – sondern Berufe mit hohem Frauenanteil: in der Gastronomie, in der Pflege, in der Hotellerie. Vor allem Minijobberinnen hätten zu leiden, da für sie keine Kurzarbeit vorgesehen sei. Auch der Druck, im Home-Office besonders flexibel zu sein, habe zu starken Belastungen geführt – zumal in den Familien angesichts geschlossener Kindergärten und Schulen oftmals die Frauen diejenigen seien, die beruflich eher „zurück stecken“. Insofern sei das „Stress-Potenzial“ für Frauen überdurchschnittlich hoch.
Bei aller Würdigung des bislang gerade im internationalen Vergleich weniger gravierenden Verlaufs der Pandemie würden so auch bisherige Versäumnisse evident: Von der nach wie vor ausbaufähigen digitalen Intrastruktur über deren Adaption in den Alltag, namentlich etwa im Hinblick auf Lernformate, aber auch das praktische Knowhow von vielen Lehrkräften. Frau Magwas machte klar: „Ich erwarte, dass Bund, Länder und Kommunen gerade hier schneller zu einander finden, und dass es tatsächlich einen neuen „Bildungsaufschlag“ gibt.“
Kontrovers, aber nicht abschließend wurde über die Bedeutung von Frauenquoten diskutiert. Hier positionierte sich die Bundestagsabgeordnete eindeutig zugunsten einer solchen Regelung.
Das Netzwerk der Frauen im Landesverband Baden-Württemberg wurde 2014 gegründet. Den Vorsitz teilen sich Dr. Anne de Boer und Dr. Tabea Glemser, die auch durch die Veranstaltung geführt und die Fragen moderiert haben. Wie stets waren Männer selbstverständlich ebenfalls eingeladen und beteiligten sich rege an der Diskussion.