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Bericht
18.01.2021
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Neuigkeiten aus der Raumfahrt: Wenn "Old Space" auf "New Space" trifft

Im Rahmen einer Videokonferenz sprach Stefan Hässler, Vice President Orbital Products, Equipment & Services und Head of Site Lampoldshausen bei der ArianeGroup und Prof. Dr.-Ing. Stefan Schlechtriem, Direktor des deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, sowie Professor für Chemische Raumfahrtantriebe am Institut für Raumfahrtsysteme in Stuttgart, über Neuigkeiten aus der Raumfahrt.

Podiumsdiskussion mit Stefan Hässler und Prof. Dr.-Ing. Stefan Schlechtriem.
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Spätestens seit der Mondlandung ist die Raumfahrt in aller Munde. Nicht nur Kinder, sondern Menschen jeden Alters träumen tagtäglich davon die Weiten der Galaxie zu erforschen. Unser natürlicher Pionier- und Forschergeist zwingt uns förmlich dazu die Entdeckung des Weltraums voranzutreiben. Doch mittlerweile ist nicht mehr nur Wissbegierigkeit von Belangen. Strategische und wirtschaftliche Interessen wiegen immer schwerer ins Gewicht. Letztere werden vor allem durch die reichsten Männer der Welt, Elon Musk und Jeff Bezos, vertreten, die sich mittlerweile signifikant in die Raumfahrt einmischen. So ist es kaum verwunderlich, dass auch in der heutigen Zeit ein Wettlauf um den Weltraum herrscht. Eine spannende Frage ist dabei, welche Rolle Europa und die europäische Raumfahrtindustrie künftig dabei spielen werden. Um dies zu klären, haben wir zwei führende Köpfe der europäischen Raumfahrtindustrie zur Podiumsdiskussion geladen.

Herr Hässler bestätigt eingangs, dass es ein Privileg sei für die Raumfahrtindustrie zu arbeiten. Die ArianeGroup sei dabei der Zugang für die Europäer zum All. Natürlich würden Faszination für die Raumfahrt und wirtschaftliche Interessen immer eine gemeinsame Rolle spielen. Man müsse immer vorausschauend planen, man könne ja nicht nur immer die Missionen losschicken, sondern manche sollten ja auch wieder zurückkommen, so Hässler.

Einen kritischen Punkt sieht Herr Hässler darin, dass beispielsweise Musk und Bezos andere Möglichkeiten hätten. So haben diese die Logistik alles an einem Standort zu fertigen. Die Europäer hingegen seien auf viele verschiedene Partner angewiesen und die Zentren über ganz Europa verteilt, da jeder Partner beteiligt werden möchte, ergänzt Prof. Dr. Schechtriem. Herr Hässler bringt dabei an, dass die beiden Milliardäre extrem ambitionierte Pläne hätten, sie wollen tausende Satelliten in den Weltraum schießen, um zum Beispiel Internet an jeden Ort der Welt zu bringen. Doch auch die Europäer planen außerordentliche Missionen, so wird der Bergbau auf dem Mond geplant und auch antriebstechnisch entwickelt man Neuheiten. Auf die Frage was die Antriebe der Zukunft auszeichnen sollte, brachte Hässler das Argument Hawkins an: „Zuallererst müssen sie bezahlbar sein“. Tatsache ist aber auch, dass in Europa an klimafreundlicher Raumfahrt und alternativen Antrieben geforscht wird, wie zum Beispiel elektrische oder wasserstoffbasierte Antriebe. Hierfür gibt es in Lampoldshausen Teststationen, an denen spektakuläre Tests durchgeführt werden.

Auch Herr Prof. Schlechtriem ist am Standort Lampoldshauen tätig und stolz auf das Wachstum in der Raumfahrtindustrie. So sei ein sehr starkes Wachstum in der Mitarbeiterzahl erkennbar, was für die positive Bilanz der europäischen Raumfahrindustrie spreche. Er betont dabei die Aufgabe des DLRs, Technologien für zukünftige Missionen zu entwickeln. Um mit den Größen der Branche mitzuhalten, müssten aber auch Kosten reduziert werden. Positiv stimmt Herr Schlechtriem aber auch, dass neue Infrastrukturen in Planung sind sowie ein Antrag zum Ausbau von Lampoldshausen gestellt wurde. Zudem werden im Moment mehrere Teilprojekte gefördert. Beispielsweise die klimefreundliche „Grüne Raumfahrt“, die Umwandlung Lampoldhausens in einen Co2 freien Standort, aber auch das H2 Technikum. Bezüglich der angesprochenen Verteilung der europäischen Raumfahrtstandorte auf ganz Europa kommentiert er, dass damit auch Schwierigkeiten in der Lieferkette einhergehen. So warte der Standort Lampoldshausen zurzeit auf die Ankunft der Oberstufe der Ariane 6 Rakete, damit diese getestet werden kann.

In der anschließenden Diskussion stand unter anderem die Frage im Raum, inwiefern durch Musk oder Bezos eine Monopolisierung der Satelliten im Weltraum befürchtet werde. Herr Hässler sieht diese Gefahr natürlich auch, weshalb die Europäer- wenn schon nicht mit eigenen finanzstarken Investoren- durch eine Vielzahl an Personen und politische Strukturen gegensteuern müssen. Herr Schlechtriem brachte zudem an, dass Europa unbedingt eigene Satelliten brauche, da sowohl die Industrie, die Menschen, als auch das Militär signifikant davon profitieren könnten.