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Bericht
07.05.2019
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Wirtschaftsrat im Medienhaus

Die neuen Medien nehmen zunehmend größeren Einfluss auf die Politik und die Gesellschaft – wie gehen etablierte Medienhäuser damit um? Der Wirtschaftsrat in der Sektion Ravensburg/Friedrichshafen erhielt im Rahmen eines Besuchs bei der Schwäbischen Zeitung in Ravensburg einen tiefgehenden Einblick in die besorgniserregenden Entwicklungen.
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Dr. Hendrik Groth, Chefredakteur der Schwäbischen Zeitung, konstatiert eine Verrohung der Nachrichten durch den Einfluss von Social Media. Dies komme besonders in Entwicklungsstaaten zum Tragen, in denen Nutzer tendenziell weniger Medienerfahrung haben als in Industrienationen. Der Einfluss der sozialen Medien wird von Regierungen und Organisationen unterschiedlich genutzt, um Meinungen zu bilden – in allen Fällen profitieren die Initiatoren von der rasanten Verbreitung der jeweiligen Nachrichten und die schwer überprüfbare Quellenlage in sozialen Netzwerken. Die globalen Beispiele sind vielfältig: So habe in Myanmar Facebook maßgeblich dazu beigetragen, die umfassende Verfolgung der Rohingya zu rechtfertigen – durch die Möglichkeit der massenhaften Verbreitung von Falschmeldungen. Diese Falschmeldungen und propagandistischen Anzeigen seien auch eine schwere Beeinträchtigung für den Wahlkampf in verschiedenen Staaten, wie beispielsweise in den USA, Kenia oder Brasilien. Der Wahlkampf des heutigen Präsidenten, Jair Bolsonaro, basierte mehrheitlich auf der Kommunikation durch den Messenger-Dienst WhatsApp. Durch ein Schneeballsystem verbreitete Bolsonaro Diffamierungen der Opposition und zog seinen Wahlkampf auf. Dies spart ungemein viele Kosten und erreicht weit mehr Bürger – die zudem davon beeinflusst werden, dass meist Bekannte Ihnen die Meldungen zukommen lassen. Auf klassische Methoden, wie eine TV-Debatte, habe Bolsonaro gänzlich verzichtet.

Seriöse Medien seien den Bürgern im Vergleich zu den sozialen Medien schwerer zugänglich sowie auch oftmals mit Bezahlschranken belegt – dies fördere den Zulauf zu Meinungsbildung über soziale Medien noch zusätzlich.

Groth zeichnet ein düsteres Bild für die Zukunft der Medienlandschaft auch in Deutschland. Neue Parteien wie die „Alternative für Deutschland (AfD)“ betreiben sehr viel mehr Wahlkampf durch Social Media und sogenannte „Internet-Trolle“ als die anderen Parteien im Spektrum. So habe die AfD mehr als doppelt so viele Abonnenten bei Facebook als CDU/CSU, SPD oder die Grünen. Stimmung werde auch gegen Medienhäuser und deren Berichterstattung betrieben. Groth warnt vor Koalitionen mit rechtspopulistischen Parteien auf Bundes- und Landesebene und mahnt einen bewussteren Umgang mit Nachrichtenkanälen an – eine objektive und seriöse Berichterstattung von unabhängigen Einrichtungen sei für eine Demokratie unerlässlich. Genau dies sieht er durch die aktuellen Entwicklungen in den sozialen Medien in großer Gefahr. Auch die Unternehmer des Wirtschaftsrates seien in der Pflicht, das Bewusstsein für die Thematik zu stärken.