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Bericht
21.02.2021
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Zukunft der Touristik und Eventbranche - welche Wege führen aus der Krise?

Die mit der Coronakrise einhergehenden Reisebeschränkungen treffen die Tourismusbranche hart. Das Ausbleiben von zahlreichen Gästen führt zu massiven Umsatzrückgängen, weshalb viele Unternehmer mit finanziellen Problemen zu kämpfen haben. Ein ähnliches Bild zeichnet sich in der Eventbranche ab, in der aufgrund von etlichen abgesagten Veranstaltungen Unsicherheit und mangelnde Perspektiven herrschen.

Virtuelle Diskussionsrunde mit Henning Matthiesen, Managing Director Brenners Park-Hotel & Spa, Steffen Maurer, Geschäftsführer Maurer Veranstaltungstechnik GmbH und Guido Wolf MdL, Minister für Justiz und für Europa und Tourismus des Landes Baden-Württemberg
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Nach Einführung des Lockdowns seien 90% weniger Betten in den Hotels belegt, so Henning Matthiesen, Managing Director des Brenners Park-Hotel & Spa. Das habe zur Folge, dass viel qualifiziertes Personal die Hotels verlasse. Diese Entwicklung könne man zwar durch viele Gespräche und einer guten Bindung zu den Mitarbeitern verzögern, ohne aber eine langfristige Perspektive darzulegen, sei eine Abwanderung des Personals unabwendbar. Öffnungen, so der Hotelier, müssen schon jetzt in Aussicht gestellt werden, damit entsprechende Vorbereitungen getroffen werden können. Ein Hotel lasse sich nicht von dem  einen auf den anderen Tag öffnen. Die Zeit des Lockdowns nutze man für Sanierungsarbeiten, jedoch benötigt man für jede Investition Geld, was im Moment schlichtweg sehr knapp ist. Daher plädiert Herr Matthiesen für eine bessere Verteilung der staatlichen Hilfsgelder, die bisher noch nicht ausreichend angekommen seien. Sollten diese weiterhin ausbleiben, stehe eine Insolvenzwelle bevor. Abschließend merkt der Direktor an, dass etliche Unternehmen von den Hotels abhängig seien, nicht nur die Wäscherei, sondern auch Fisch-, Fleisch- und Obsthändler, die täglich Aufträge von den Hotels erhalten. Daher muss unbedingt Perspektive geschaffen werden.

 

In der Veranstaltungsbranche zeichnete sich laut Steffen Maurer, Geschäftsführer der Maurer Veranstaltungstechnik GmbH, ein ähnliches Bild ab. So führte der erste Lockdown zu einem immensen Auftragseinbruch: „Innerhalb von acht Stunden waren unsere Auftragsbücher von März bis Juni total leer!“. Bisher habe sich vor allem das Kurzarbeitergeld als passendes Mittel in der Krise herausgestellt. Zudem seien viele Gelder der Bundesregierung angekommen. Jedoch, so Maurer, sind nicht alle Hilfen effektiv gewesen. Die Novemberhilfe beispielsweise hätte Verbesserungspotential gehabt. Zwar wurde ein kleiner Betrag pauschal überwiesen, der angekündigte Restbetrag sei aber nie angekommen. Des Weiteren sei man besorgt, da die Möglichkeit auf Kurzarbeit im Sommer ausläuft, was fatale Auswirkungen auf die Beschäftigungszahlen hätte. Die Krise trifft nicht nur die im Vordergrund agierenden Unternehmen, sondern auch Lieferanten und Freelancer, die durch die Pandemie enorme Umsatzeinbußen und Arbeitsausfälle haben. Um das bestehende Netzwerk an Zulieferern und freien Mitarbeitern nicht zu gefährden, müssen aktiv Perspektiven geschaffen werden, denn alle wollen „Gas geben und Gänsehautmomente kreieren“. Dass dies natürlich nicht durch Großevents in naher Zukunft passiert, ist selbstverständlich. Dennoch fordert Herr Maurer alle Möglichkeiten abzuwägen. Hierbei fordert er zusätzlich mehr Transparenz der Politik und einen Einblick in die Gespräche zur Entscheidungsfindung der Pandemiemaßnahmen.

Der Landtagsabgeordnete und Minister für Justiz, Europa und Tourismus, Guido Wolf, pflichtet Herrn Maurer bei, die Politik handle noch zu zögerlich und auffällig sei, dass Maßnahmen teilweise nicht passend sind und so sei es nicht verwunderlich, dass Gerichte diese immer wieder überwerfen. Des Weiteren betont Herr Wolf, dass man es sich nicht leisten kann vorsorglich alle Geschäfte zu schließen, da eine Vielzahl an Unternehmern auf sofortige Liquidität angewiesen sei.  Die Bürger werden immer entkräfteter und fordern Lösungen. Die Politik steht daher in der Verantwortung möglichst schnell Öffnungsperspektiven zu schaffen, ohne jedoch einen Anstieg des Infektionsgeschehens zu verursachen.

Bezüglich der Auszahlungen von Geldern äußert sich der Minister zweigespalten. Zwar sollten diese schnellstmöglich ausgezahlt werden, jedoch muss auch verantwortungsvoll mit dem Steuergeld umgegangen werden. Daher seien vernünftige Prüfungen der Anfragen unbedingt notwendig. Denn mit jedem Förderprogramm werde auch der versuchte Missbrauch an den Geldern größer, so Guido Wolf.

Dennoch müsse die Kritik ernst genommen und diesbezüglich nachgebessert werden. Positiv sieht er den Fakt, dass die Politik enorm viel investiert um den Unternehmen zu helfen. Mit der Überbrückungshilfe III soll zudem mehr Geld unbürokratischer ausgezahlt werden. Des Weiteren äußert er sich erfreut, dass ein Anstieg der Urlauber in Baden-Württemberg zu verzeichnen ist, welcher auf die Reisebeschränkungen zurückzuführen sei. Nach Aufhebung dieser soll dieser positive Trend fortgeführt werden, um die heimische Tourismusbranche zu unterstützen. 

Der Landtagsabgeordnete betont die Verpflichtung der Politik gegenüber den Bürgern, die Wahrheit auszusprechen, auch wenn diese unangenehm sei. Gleichzeitig dürfe man nicht zu viel versprechen, obwohl die Nerven „immer blanker liegen“. Die zunehmende Pandemiemüdigkeit in der Bevölkerung sei ein gefährliches Spannungsfeld und es gilt drauf zu achten, dass dies nicht zu fatal hohen Wahlergebnissen für die antidemokratischen Parteien führt. Guido Wolf sagt daher „Wir brauchen zwingend dieses Zeichen der Perspektive“. Die Coronamaßnahmen müssen wöchentlich auf Ihre Zutrefflichkeit überprüft werden und erste Öffnungsmaßnahmen sollten eingeleitet werden. Er unterstützt deshalb die bereits veranlasste Öffnung der Kitas, Grundschulen und Abschlussklassen. Dennoch wird Herr Wolf nicht müde vor möglichen Coronaausbrüchen durch Mutationen zu warnen und betont, dass die Frage nach größeren Veranstaltungen bisher noch nicht stellbar ist.

 

Perspektive müsse unter anderem durch eine erhöhte Testkapazität geschaffen werden, um das Ausmaß der Pandemie besser einschätzen zu können und Öffnungen zu erleichtern. „Auf Dauer alles dicht machen- das kann keine Lösung sein“, so Guido Wolf. Zudem könnte durch technische Möglichkeiten Massenansammlungen und Overtourism vermieden werden. Des Weiteren will Herr Wolf die Gebiete mit niedrigen Besucherzahlen bewerben, um eine Verteilung der Menschen zu gewährleisten. Herr Maurer und Herr Matthiesen fordern abschließend eine offenere Kommunikation der Politik gegenüber den Bürgern und plädieren zusätzlich für einen klaren Plan für die Unternehmerinnen und Unternehmer.