Positionierung der Landesfachkommission Digitale Wirtschaft zur Nutzung sowie Entwicklung von Open Source Software und der Digitalisierung in Baden-Württemberg
Die Entwicklung von Open
Source Software (OSS) hat in den letzten Jahren eine hohe Dynamik entwickelt.
In den Anfängen wurde insbesondere seitens der Industrie der Ansatz, Software
gemeinsam zu entwickeln, sehr skeptisch betrachtet. Die Befürchtungen eigenes
Know-how preiszugeben und zu wenig Einfluss auf die selbst genutzte Software zu
haben, führten zu einer eher langsamen Akzeptanz durch größere Unternehmen. Diese
Phase liegt definitiv in der Vergangenheit. Schätzungen gehen davon aus, dass
so gut wie fast alle digitalen Geräte, Produkte, Anwendungen und
Software-Services, mit denen Konsumenten umgehen, wahrscheinlich 70 bis 90
Prozent open source software enthalten.
Die Nutzung und Entwicklung von Open Source Software (OSS) bietet Unternehmen
das Potential, Entwicklungszeiten zu verkürzen und Mitteleinsätze zu
verringern. Open Source unterstützt die Innovationsfähigkeit und Resilienz der
teilnehmenden Unternehmen, da Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich auf
wertstiftende Tätigkeiten fokussieren können. Da die Bedeutung von Open Source
zukünftig noch weiter zunehmen wird, sollte Baden-Württemberg die
entsprechenden Potenziale zur Steigerung von Innovationen und Resilienz gezielt
fördern.
The Länd to take a Chänce: Open Source Software für Baden-Württemberg
Open
Source Software Entwicklung basiert auf dem Prinzip des offenen und
gemeinschaftlichen Arbeitens. Entwickler aus verschiedenen Teilen der Welt
arbeiten zusammen, um den Quellcode einer Software öffentlich zugänglich zu
machen. Dadurch können andere Entwickler den Code einsehen, verbessern und
erweitern. Dieser kollaborative Ansatz ermöglicht es, dass Software schneller
entwickelt wird und von einer breiten Community getestet und verbessert werden
kann. Es gibt verschiedene Plattformen wie GitHub oder GitLab, die als zentrale
Orte dienen, um den Code zu hosten und die Zusammenarbeit zu erleichtern. Open
Source Software Entwicklung fördert Transparenz, Innovation und den Austausch
von Wissen. OSS zeichnet sich dadurch aus, dass der Quellcode für jeden frei
verfügbar ist. Die Anpassung und Weitergabe ist erlaubt und er kann kommerziell
genutzt werden.
Folgende Vorteile hat Open Source Software damit für Unternehmen:
1. Transparenz: Der Quellcode ist für jeden einsehbar, was bedeutet, dass potenzielle Sicherheitslücken und Fehler leichter entdeckt und behoben werden können. Dies führt zu einer höheren Sicherheit und Stabilität der Software.
2. Flexibilität: Open Source Software kann an individuelle Bedürfnisse angepasst werden. Entwickler können den Code modifizieren und anpassen, um spezifische Anforderungen zu erfüllen, ohne auf die Zustimmung eines proprietären Softwareanbieters warten zu müssen.
3. Kostenersparnis: Open Source Software ist in der Regel kostenlos verfügbar, was zu erheblichen Kosteneinsparungen führen kann. Unternehmen und Organisationen können Geld sparen, indem sie auf teure Lizenzgebühren verzichten und stattdessen Open Source Lösungen nutzen.
4. Gemeinschaftliche Zusammenarbeit: Open Source Projekte fördern die Zusammenarbeit und den Wissensaustausch zwischen Entwicklern weltweit. Dies führt zu einer schnelleren Entwicklung, Innovation und kontinuierlichen Verbesserung der Software.
5. Unabhängigkeit: Da der
Quellcode offen ist, sind Nutzer nicht von einem einzigen Anbieter abhängig.
Sie haben die Freiheit, die Software nach Belieben zu nutzen, anzupassen und zu
verteilen.
Letztlich bleibt festzustellen, dass OSS Entwicklung nicht mehr aus der
kommerziellen Software Entwicklung und Nutzung wegzudenken ist. Entsprechend
gilt es, dass Unternehmen eine klare Positionierung zu OSS einnehmen und OSS
als Basis für Innovationen und resiliente Unternehmensentwicklung erkennen. Da
die Nutzung von OSS insbesondere im Mittelstand ausbaufähig ist, empfiehlt es
sich zentrale Initiativen auf den Weg zu bringen, um die OSS Nutzung zu erhöhen
und die damit verbundenen Vorteile umzusetzen.
Die Landesfachkommission Digitale Wirtschaft fordert:
- Expertise Sharing: Das Land Baden-Württemberg soll die Expertise von Unternehmen in Baden-Württemberg, die erfolgreich OSS entwickeln, nutzen und einen „Mentoring Circle“ aufbauen und unterstützen, der es Unternehmen, die in OSS einsteigen möchten, ermöglicht, im direkten Kontakt mit OSS Experten zu treten. Ein solcher „Mentoring Circle“ kann helfen, die Herausforderungen und Fähigkeiten für das eigene Unternehmen zu bewerten und pragmatische Umsetzungsvorschläge zu erarbeiten. Das Land sollte dies organisatorisch unterstützen und mit kartellrechtlichen Prüfungen sicherstellen, dass diese Beratungen wettbewerbskonform stattfinden.
- Onboarding Programm: Das Land Baden-Württemberg soll ein Onboarding-Programm mit OSS Trägern wie der Eclispe Foundation aufsetzen, um den Einstieg in die OSS Welt zu erleichtern. In diesem Onboarding Programm würden interessierte Unternehmen in der Nutzung von OSS geschult.
- OSS Förderung: Das Land Baden-Württemberg sollte die Innovationsfähigkeit im Land durch die gezielte Förderung von vielversprechenden OSS Projekten absichern. Dies könnte einerseits thematisch erfolgen, beispielsweise indem OS-Softwareentwicklung für nachhaltige Mobilitätsprojekte gezielt gefördert wird oder Unterstützungsprogramme für vielversprechende OSS Contributors und Autoren aufgesetzt werden.
- Aufbau OSS Expertise im Land: Um die OSS Entwicklung im Land zu fördern, sollte gezielt durch die Landesregierung ein eigenes Team als Ansprechpartner für Unternehmen aufgebaut werden. Dieses Team kann dann bei inhaltlichen Fragen helfen als auch rechtlich beraten. Dieses Team sollte auch entsprechende Expertise haben, um bei den komplexen Fragestellungen rund um Lizenzen zu helfen. Beispielhaft lässt sich aufführen, dass Agenturen (z. B. www.e-mobilbw.de) deutlich agiler und schneller agieren.
- Förderung von Open Source Events: Die Open Source Communities organisieren sich häufig über Events, in denen sich die relevanten Teilnehmer treffen, um Projekte zu gestalten oder auf den Weg zu bringen. Das Land Baden-Württemberg soll sich durch gezielte Unterstützung von solchen Events in den Open Source Communities positionieren und eine aktive Rolle übernehmen.
OSS ist die Zukunft und gezielte Förderung von OSS ist die Basis für eine erfolgreiche Region. Baden-Württemberg ist der Innovationstreiber in Deutschland. Mit gezielter OSS Förderung wird ein wichtiger Beitrag geleistet, dass dies auch in Zukunft so bleibt.
Digitalisierung voranbringen – Was kann der Staat tun?
Die Gründung von neuen Unternehmen und Startups und die damit verbundene Aufgabe der Startfinanzierung ist in Baden-Württemberg weiterhin schwierig. Durch die undurchsichtige und intransparente Förderlandschaft wird es den Gründern schwer gemacht, einfach und schnell eine geeignete Förderung zu bekommen. Eine Zentralisierung der Anlaufstellen für Gründer und eine Vereinfachung sowie Beschleunigung der Verfahren helfen, neue, erfolgreiche Unternehmen zu starten.
Der Wechsel zwischen Privatunternehmen mit Mitarbeitern und öffentlichen
Stellen mit Beamten als Belegschaft wird durch verschiedenste Hürden erschwert.
Nicht nur die differierenden Renten- und Pensionskassen sowie die dazugehörigen
Regeln verhindern den Austausch, sondern auch die unterschiedlichen
Organisationsformen erschweren es Menschen zwischen den Sektoren zu wechseln.
Hier kann eine Angleichung der Frameworks Erleichterung bringen. Die Einführung
von agilen Frameworks im öffentlichen Sektor reduziert also nicht nur die
Kosten und erhöht die Zufriedenheit der Mitarbeitenden, sondern ermöglicht auch
den leichteren Wechsel zwischen den Sektoren und reduziert damit auch den
Mangel an Fachkräften.
Die Digitalisierung der öffentlichen Hand in Deutschland geht nur stockend
voran, was zum einen an der dezentralen Struktur der Verantwortlichkeiten und zum
anderen an der wenig gelebten Kundenzentrierung liegt. Alle großen digitalen
Erfolgsgeschichten nutzen „zentrale Guardrails“, an die es sich zu halten gilt
– entweder weltweit oder zumindest innerhalb ihrer Verkaufsreichweite.
Hierdurch wird nicht nur eine kostengünstige Infrastruktur etabliert (die
Schnittstellen sind vereinheitlicht), sondern auch die Technik insgesamt kann
skaliert werden. Die Kunden (Bürger) haben den Wiedererkennungswert und nutzen
so die Technik leichter. Auch ist es wichtig, dass die Kunden (Bürger) die
Nutzenträger sind. Das heißt, nicht die Arbeitserleichterungen auf dem Amt sind
ausschlaggebend für die Reihenfolge der Innovation, sondern der Nutzen für den
Bürger.
Durch aktives Vorleben einer praktischen Digitalisierung wird auch eine Behörde
als kompetent in dieser Sache wahrgenommen. Solange in der Öffentlichkeit nicht
aktiv digitale Medien genutzt werden, wird die Bevölkerung die Kompetenz der von
Behörden und Regierungsinstitutionen nicht ernst nehmen können. Gehen Sie also voran
und zeigen Sie pragmatische digitale Kompetenz.
Die Landesfachkommission Digitale Wirtschaft fordert:
- Das Land Baden-Württemberg soll ein eigenständiges Digitalministerium für Baden-Württemberg oder zumindest eine einheitliche Stelle, an die sich alle Unternehmen in Baden-Württemberg mit ihren Anliegen wenden können, schaffen.
- Das Land Baden-Württemberg soll sich für die Einführung von agilen Frameworks im öffentlichen Sektor einsetzen. Dabei geht es um Digitalisierung aus organisatorischer Sicht, um ein neues Framework und zeitgemäßes Mindset in Ministerien, Behörden und Organen zu etablieren.
- Das Land Baden-Württemberg soll sich für pragmatische Digitalisierung der Behörden und des Landtags einsetzen und damit effizienter auf Bedürfnisse von Unternehmen und Privatpersonen eingehen.
- Das Land Baden-Württemberg soll zur besseren Vernetzung von Startups und dem öffentlichen Sektor eine Einheit analog dem Berliner GovTech Campus Deutschland aufstellen, um die öffentliche Hand für (Startup-)Unternehmen zugänglicher und interessanter zu machen.
- Die Landesfachkommission Digitale Wirtschaft fordert vom Land Baden-Württemberg pragmatische, digitale Kompetenz in allen Bereichen.
Zusammenfassung
Die Landesfachkommission Digitale Wirtschaft möchte mit diesem Positionspapier Impulse und Forderungen an die Politik in Baden-Württemberg geben, die zur Digitalisierung beitragen: ein Digitalministerium für Baden-Württemberg, die Einführung von agilen Frameworks im öffentlichen Sektor, pragmatische digitale Kompetenz in allen Sektoren, die Expertise von Unternehmen im Bereich OSS nutzen, die Innovationsfähigkeit durch gezielte Förderung von vielversprechenden OSS Projekten absichern, eine aktive Rolle in Open Source Communities übernehmen.
Der Wirtschaftsrat und die Landesfachkommission Digitale Wirtschaft
Der Wirtschaftsrat der CDU e. V. ist mit über 12.000 Mitgliedern der größte Unternehmerverband in Europa. Unsere Mitglieder sind Unternehmer und Führungskräfte der ersten und zweiten Ebene. Der Landesverband Baden-Württemberg bildet mit seinen 2.700 Mitgliedern in 27 Sektionen den mit Abstand größten Landesverband in Deutschland.
Wir überzeugen aufgrund profunder inhaltlicher Arbeit in sieben Fachkommissionen, wir sind mit über 300 Veranstaltungen im Jahr bestens vernetzt und wir setzen dank aktueller und innovativer Themen parteiübergreifend immer wieder Akzente in der wirtschaftspolitischen Entwicklung unseres Landes.
Das Mandat der Landesfachkommission liegt insbesondere in der Identifizierung und Bewertung von Trends auf Geschäftsmodelle, der Vermittlung digitaler Kompetenz in Unternehmen und Behörden sowie im Bereich digitaler Resilienz. Grundsätzlich möchte die Landesfachkommission dem hiesigen Mittelstand unter anderem anhand konkreter Erfolgsbeispiele Wege in die digitale Zukunft aufzeigen und die Politik aktiv beraten. Das übergeordnete Ziel ist es, den Industriestandort Baden-Württemberg zu stärken, um die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit und damit den Wohlstand für unsere und kommende Generationen nachhaltig zu gestalten und weiter auszubauen. Vorsitzende der Kommission sind Sven Lierzer, Senior Manager, Capgemini Invent, und Maximilian Mäder, Geschäftsführer, performio GmbH.