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Bericht
09.09.2020
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"Eine wichtige Voraussetzung für nahezu alle neuen Technologien ist die Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom"

Mit mehr als 58.000 Beschäftigten ist die chemische Industrie einer der wichtigsten hessischen Wirtschaftszweige, sie ist die Industriebranche mit den höchsten Aufwendungen für Forschung und Entwicklung. Die chemische Industrie ist heute mit fundamentalen strukturellen Veränderungen konfrontiert, so hat sich auch dieser Brache auf den Weg der Treibhausgasneutralität begeben. Als größte Schwierigkeit gelten in der klimaneutralen Transformation, die energie- und emissionsintensiven Produktionsprozesse. Dabei spielen sowohl die Treibhausgasemissionen eine Rolle, die bei der Produktion selbst entstehen, als auch die Emissionen, welche aus dem Bezug von Strom und Wärme (Dampf) herrühren.

Das Netzwerk Umwelt- & Energiepolitik lud zu einer Impulsveranstaltung zum Thema“ Chemiestandort Hessen im Spannungsfeld der klima- und energiepolitischen Diskussion“.
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Dr. Alexis Bazzanella, Autor der Studie Roadmap Chemie 2050, stellte in seinem Impulsvortrag den Weg zur Treibhausgasneutralität von 2020 bis 2050 vor. „Insgesamt zeigen die Ergebnisse unserer Studien, dass sich die Klimabilanz der deutschen Chemie durch Effizienzmaßnahmen in den Anlagen und den Kohleausstieg bereits bis 2030 deutlich verbessern wird. Nach 2030 wird das Emissionsniveau allerdings nur noch langsam sinken können. Der Grund dafür ist dass die Industrie in den vergangenen Jahrzehnten bereits hohe Vorleistungen erbracht hat, die das Minderungspotenzial durch eine weitere Optimierung der konventionellen Prozesse, nahezu ausgereizt hat.“

Als wichtigste Schlussfolgerung hielt Dr. Bazzanella fest, dass eine wichtige Voraussetzung für nahezu alle neuen Technologien die Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom in aus heutiger Sicht gigantischen Mengen und zu Kosten von 4 Cent je Kilowattstunde, sei. Ohne diese Randbedingungen lohne sich die Einführung der neuen Technologien zur CO2-Minderung nicht. Sei der Strom teurer, werde sich die Implementierung neuer Verfahren auf deutlich nach 2050 verzögern, mahnte der Referent.

 

Im Anschluss an den Vortrag lud der Netzwerksprecher und Moderator, Dr. Manfred Schröder, zur Diskussion über die Herausforderungen, die sich auf dem Weg zur Klimaneutralität insbesondere für den Chemiestandort Hessen ergeben, mit Dr. Alexis Bazzanella, J. Michael Müller MdL, energiepolitischer Sprecher der hessischen CDU-Landtagsfraktion und Stefan Müller, Head of Energy Management & Technology, MERCK KGaA.

„Fehler, die wir vorgestern gemacht haben, dürfen wir nicht noch mal machen. Die Grundsatzfrage muss in dieser Diskussion neu gedacht werden. Wichtige ist hierbei ein ganzheitlicher und ideologiefreier Ansatz in der Debatte.“ stellt der Landtagsabgeordnete fest. Auch Stefan Müller plädierte für eine ideologiefreiere Kommunikation, rund um das Thema Strom. „Mit dem Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung hat es MERCK geschafft, trotz einer höheren Produktion, effizienter zu werden. Daraus wird deutlich, wir müssen weg von der Strombestrafung, und hin zu Neuinvestitionen, diese werden sonst über kurz oder lang im Ausland getätigt.“ Die Diskutanten sind sich einig, dass dezentrale Pfade für den Ausbau erneuerbarer Energien energiewirtschaftlich zu bevorzugen seien. Nachhaltigkeit, der erfolgreiche Ausbau von Übertragungsnetzen und die Entwicklung von Speichertechnologien sowie eine stärkere kommunalen und regionalen Wertschöpfung seien hierbei wichtige Stichworte.