Leben und Arbeiten im ländlichen Raum
Nicht zuletzt die Pandemie führt dazu, dass sich der Trend zur Landlust auch bei den Jüngeren verstärkt. Der von der Landesregierung verabschiedete Aktionsplan Hessen gab Anlass, das Thema mit Vertretern der Politik und Unternehmen in Nordosthessen zu diskutieren.
„Die Digitalisierung und der Wandel hin zu mehr ortsunabhängigem Arbeiten kann als Umzugshelfer dienen“, sagte die hessische Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Priska Hinz MdL. Bislang konzentrierten sich Hochschulen und die Jobs für Hochqualifizierte in den Städten, weswegen die Menschen dort auch leben. Da viele aufgrund von neuen Homeoffice-Regeln künftig nicht mehr täglich ins Büro müssen, würde häufiger über einen Umzug fern der Ballungsräume nachgedacht.
„Die Hälfte der Bevölkerung lebt fern der Ballungsräume. Wir müssen es schaffen, dass hier ein Umdenken stattfindet und die Vorteile von Firmenansiedlungen in der Provinz positiver besetzt werden. Niedrigere Preise für Bauland und Mieten, kurze Arbeitswege für Anwohner und lukrative Fördermittel sind klare Argumente dafür“, erklärte Steffen Müller, Geschäftsführer des nordhessischen Verkehrsverbundes. Auch Dr. Reinhard Kubat, Landrat des Landkreises Waldeck-Frankenberg, beteuerte, dass der ländliche Raum als attraktiver Wirtschaftsstandort noch populärer werden müsse. Zwar würden viele ländliche Kreise bereits Zuwächse in der Bevölkerungszahl vermelden. Jedoch erfordere dies nun umso dringlicher die Anpassung der Rahmenbedingungen für das Leben und Arbeiten im ländlicheren Raum.
„Dabei sind insbesondere die Schulinfrastruktur und der Breitbandausbau für den Zuzug junger Paare und Familien unerlässlich“, appellierte Armin Schwarz MdL, bildungspolitischer Sprecher der hessischen CDU-Landtagsfraktion. Er unterstrich, wie wichtig die Schaffung von sehr guten Bildungsangeboten und Kinderbetreuung vor Ort in den Kommunen sei, da nur mit den entsprechenden Grundeinrichtungen, breit gefächerte Chancen für junge Menschen entstehen können. Die Schaffung von Bildungsangeboten für den ländlichen Raum würden auch im Aktionsplan Hessen, in Form einer Akademie mit drei Stabsstellen in Nord-, Mittel- und Südhessen weiter forciert, erklärte Priska Hinz.
Das Plenum diskutierte außerdem die Finanzierungsproblematik der Kommunen, die mit der Verbesserung der Infrastruktur einhergehe. Die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren von Fördergeldern sei dringend notwendig, jedoch könne anhaltender Wohlstand nur durch die langfristige Ansiedlung von Unternehmen im ländlichen Raum erreicht werden. Dafür müsste Bauland ausgewiesen, die Mobilität verbessert und der Internetausbau vorangetrieben werden, forderte Reinhard Kubat.
Die kommunalen Vertreter würden sich hierbei häufig mehr Vertrauen in die Kommunalpolitik wünschen, so der Bürgermeister der Gemeinde Hohenroda, Andre Stenda. Die hiesigen Vertreter wüssten sehr genau, wo Investitionsbedarfe bestehen und wofür Gelder aus den Fördertöpfen beantragt werden müssen. Die Entbürokratisierung und Beschleunigung von Antragsverfahren für Fördermittel wäre ein erster Schritt in diese Richtung. Hierfür sollte man sich vor allem an den Nachbarländern orientieren, in denen dies vergleichsweise besser läuft, erklärte Andre Stenda.
Der bereits in Teilen umgesetzte Aktionsplan Hessen, der auch den ab 2023 zu 90 Prozent geförderten Glasfaseranbau in jedem Haus bis 2030 anstrebt, bewerkstellige dies nur in Teilen. Dazu ergänzte Staatsministerin Hinz: „Wir brauchen unbedingt mehr ICE-Trassen, Glasfaseranbau, Mobilstandorte und erneuerbare Energien, hierzu fördern wir den Dialogprozess mit den Bürgerinnen und Bürger vor Ort. Sie wissen am besten, was ihre Städte und Gemeinden benötigen. Wir gehen in den gezielten Austausch mit den Vertreterinnen und Vertretern vor Ort, um die dort nötigen Projekte und Rahmenbedingungen zu gestalten."