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Bericht
30.06.2020
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Hessische Wirtschaftstage 2020 Digital

Ein Signal der Verantwortung und des Optimismus
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Die Corona-Pandemie stellt unsere Wirtschaft vor historische Herausforderungen. Wir erleben eine Zwangspause für Unternehmen, das Zusammenbrechen von Lieferketten und in der Folge eine gesamtwirtschaftliche Rezession. Doch insbesondere in dieser Extremsituation kommt es für Wirtschaft und Politik entscheidend darauf an, in gemeinsamer Verantwortung zu handeln. Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, über das Format der digitalen Hessischen Wirtschaftstage ein Signal der Verantwortung und Optimismus auszusenden und uns entscheidenden Fragen, die auf Deutschland und Europa zukommen werden, zu stellen.

 

 

 

Prof. Dr. Kristina Sinemus, Vorsitzende des Landesverbands Hessen des Wirtschaftsrats der CDU e.V., eröffnete den Wirtschaftstag mit lobenden Worten „Das Thema Digitalisierung hat im Kontext der Corona-Krise stark an Bedeutung gewonnen. Der Wirtschaftsrat treibt diese Thematik schon lange voran und wird die bereits erzielten Fortschritte lösungsorientiert und mit Rat und Tat ausbauen. Die Premiere der ersten digitalen Hessischen Wirtschaftstage stellt hierfür Weichen und lässt Wirtschaft und Politik auf eine Weise zusammenwirken, wie wir es noch nicht gesehen haben. Das sind gute Signale für die Zukunft.“

 

Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftsrats der CDU e. V., fordert: „Wir müssen nachhaltig und transparent die Weichen für die Zukunft stellen. Hierzu muss es eine klare Zweckbindung der Mittel geben und es muss eine Rückkehr zur Solidität stattfinden. Die Krise darf nicht als Ausrede für eine Vergemeinschaftung von Schulden herhalten. Denn eines ist klar: Refinanzierbare Finanzinstrumente eignen sich besser als staatliche Zuschüsse um wirklich Wettbewerbsfähigkeit und Eigenverantwortung zu stärken.“

  

Friedrich Merz, Vizepräsident des Wirtschaftsrats der CDU e. V., differenzierte  zwischen der sozialen Marktwirtschaft nach Ludwig Erhard und der Intention des Wirtschaftsrates sowie dem Begriff Kapitalismus: „Oft werde ich gefragt, was der Unterschied zwischen sozialer Marktwirtschaft und Kapitalismus ist, dann antworte ich:  Eine soziale Marktwirtschaft existiert dann, wenn es den Arbeitnehmern gut geht, weil es den Unternehmen gut geht. Während es im Kapitalismus den Unternehmern gut geht, weil es den Arbeitnehmern schlecht geht.“ 

 

Astrid Hamker, Präsidentin des Wirtschaftsrates der CDU e.V., forderte „Die solide Haushaltspolitik der letzten Jahre macht sich in der Krise bezahlt, nur deshalb haben wir die nötigen finanziellen Mittel, um die Krise zu überstehen. Im Zuge der EU-Ratspräsidentschaft müssen wir Brücken bauen und als best-practice zeigen, dass unsere weitsichtige Politik geholfen hat, besser durch die Krise zu kommen. Deshalb muss die Auszahlung von Hilfsgeldern an notwendige Reformen geknüpft werden, welche Voraussetzungen für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit schaffen.“ 

 

Dr. Sabine Mauderer, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank, skizzierte die große Chance, die durch eine gesamteuropäische Fiskal- und Kapitalmarktpolitik entsteht: „In der Krise ist in erster Linie die Fiskalpolitik gefordert, diese hat großartig und umfassend gewirkt. Auch auf europäischer Ebene wurden wichtige fiskalische Maßnahmen getroffen. Die Finanzierung der deutschen Wirtschaft darf aber nicht nur auf dem Bankensektor fußen, sondern muss auch auf dem Kapitalmarkt aufbauen. Und mit Blick auf den Brexit muss mit noch mehr Nachdruck auf einen europäischen Kapitalmarkt hingearbeitet werden.“

  

Nicola Beer, MdEP, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, unterstreicht ihre hohe Erwartungshaltung gegenüber der deutschen EU-Ratspräsidentschaft: „Dieser Wiederaufbaufonds mit über rund 750 Milliarden Euro ist ein tolles Signal für Europa und insbesondere an die südeuropäischen Staaten. Die Rahmenbedingungen des recovery packages müssen aber überabreitet werden, damit die nächsten Generationen nicht zu sehr von den Hilfsmaßnahmen belastet werden.“

 


 

Auf Podium 1 diskutierten die Teilnehmer zum Thema „Mittelstand nach der Corona-Krise“. Die Podiumsteilnehmer setzten sich für eine breite Debatte um die Zukunft des Mittelstands ein, um bestehende Fehlentwicklungen aufzuzeigen und Lösungsansätze zu erarbeiten. 

 

Bernd Ehinger, Präsident der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main, lobt die Reaktionsschnelligkeit der Bundesregierung während der Krise, die gerade auch im Handwerk zu Erleichterungen geführt haben und fordert: „Für die Zukunft der jungen Generation müssen besonders Ausbildungsberufe wieder von der Politik gefördert werden, damit Menschen mit praktischer Erfahrung vermehrt in die Unternehmen gelangen.“

 

„Die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Zulieferern war während der Krise besonders schnell und entgegenkommend. Das „aufeinander zugehen“ und die Flexibilität vermissten wir allerdings bei den Gewerbemieten.“ berichtete Marion Gottschalk, Geschäftsführende Gesellschafterin, Ille Papier Service GmbH. Sie wünscht sich bei der Gestaltung von tragfähigen Lösungen für beide Seiten vor dem Hintergrund signifikanter Umsatzeinbußen Unterstützung aus der Politik.

 

Heiko Kasseckert, MdL, Wirtschaftspolitischer Sprecher, Hessische CDU-Landtagsfraktion wies auf Reformvorhaben im administrativen Bereich der Politik hin und erklärte: “Deutschland wird gestärkt aus der Krise herausgehen und kann womöglich seinen Vorsprung anderen Nationen gegenüber weiter ausbauen.“

 

Dr. Michael Reckhard, Mitglied der Geschäftsleitung, Wirtschafts-und Infrastrukturbank Hessen, hob hervor, dass die Nähe der Förderbanken zu Politik und Wirtschaft gerade in der Krise entscheidend waren und sich die enge Kommunikation der Institutionen als „lesson learned“ aus der Krise weiter fortsetzen wird.

 

„Corona ist die treibende Kraft, welche den Digitalisierungsschub der deutschen Wirtschaft vorantreiben wird“ so Henner Rinsche, CEO, Leifheit AG. „Der deutsche Mittelstand muss diesen Innovationsschub nutzen und aus den Erfahrungen der Krise einen Nutzen ziehen.“

 

Prof. Dr. Gerrit Sames, THM Technische Hochschule Mittelhessen stellte fest: „Umfragen unter mittelständischen Unternehmen zeigen, dass die Geschäftsmodelle zum Großteil noch immer produktorientiert sind. Außerdem ist die technische Infrastruktur mittelständischer Unternehmen im Allgemeinen stark ausbaubedürftig. Die Krise konnte aber viele Markterschließungschancen durch Digitalisierung von Geschäftsmodellen offen legen.“

 

 

 

Auf Podium 2 „Exportweltmeister Deutschland – Zukunft der internationalen Handelspolitik“ diskutierten die Panelisten durch die Krise ausgelöste Antiglobalisierungstendenzen und die Bedeutung internationaler Zusammenarbeit.

 

Thomas Bareiß, MdB, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, erklärt:  „Die deutsche und die europäische Wirtschaft braucht offene Märkte und verlässliche internationale Lieferketten mehr denn je. Die Bundesregierung wird daher im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft für eine ehrgeizige Handels- und Investitionspolitik der EU werben, die für Marktöffnung, regelbasierten Handel und eine starke Welthandelsorganisation eintritt und ambitionierte Handelsabkommen anstrebt.“

 

Tanja Gönner, Vorstandssprecherin, Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH, setzt sich für ein integratives Vorgehen und mehr Multilateralismus in der europäischen Union ein. „Die Krise trifft Entwicklungsländer am härtesten. Entwicklungszusammenarbeit muss daher eine zentrale Rolle auf der Agenda der EU einnehmen. Es geht darum, Länder zu stabilisieren und so widerstandsfähiger gegenüber künftigen Krisen zu machen.“

 

„Der Freihandel ist die Grundlage unseres Wohlstands. Hier stehen wir vor großen Herausforderungen, die wir nur gemeinsam als Europäische Union meistern können. Antiglobalisierungstendenzen sind keine Option.“, so Prof. Dr. Sven Simon, MdEP, Mitglied im Ausschuss für Internationalen Handel.

 

Olaf Hahn, Geschäftsführer, SumiRiko AVS Germany GmbH, moniert dass selbst innerhalb Deutschlands die Bundesländer zu wenig zusammenarbeiten, dies habe die Krise gezeigt: „Wir Deutschen müssen für Europa ein Vorbild sein und gemeinsame Standards leben und uns an einer gemeinsamen Umsetzung partizipieren.“

 

 

 

Auf Podium 3 „Lessons learned – Infrastruktur für das Leben von morgen“ diskutierten die Panelisten Mobilitätsmodelle der Zukunft, intelligente Verkehrssteuerung und -vernetzung sowie die lessons learned für die unterschiedlichen Mobilitätssektoren. Die Vereinbarkeit von Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz darf kein Widerspruch sein, im Gegenteil, mit innovativen Technologien und einem gesamtgesellschaftlichen Umdenken lassen sich umweltfreundliche Mobilitätskonzepte umsetzen.

 

Lutz Leif Linden, Geschäftsführer, Automobilclub von Deutschland e. V. erläuterte den Aufschwung des totgesagten Individualverkehrs: „Wir erleben eine Renaissance des Automobils, dies erfordert mehr Geschwindigkeit beim Bau innovativer Antriebstechnologien und den Fokus auf intelligente Verkehrssteuerung.“

 

„Maßgeblich verändert sich die Arbeitswelt unter dem Einfluss der neuen digitalen Möglichkeiten. Mobilitätsmanagement und Verkehrsvermeidung sind für dieses Umdenken die Stichworte.“ erklärt Prof. Gerd Riegelhuth, Präsident, Hessen Mobil.

 

Henning Schrewe, Geschäftsführer, Implenia Construction GmbH fordert: „Unsere Infrastruktur ist den Erfordernissen hinterher. Dies wurde auch während der Krise sichtbar. Hier müssen wir die Chance ergreifen mit kurzen Entscheidungswegen aufzustocken um Bürokratie abzubauen.“

 

„Wir treiben den „Masterplan Schiene“ gemeinsam mit dem Bundesverkehrsministerium und den Verbänden aus der Branche voran. Der Deutschlandtakt wird unsere Arbeit in Zukunft kennzeichnen, die Infrastrukturentwicklung und damit einhergehende Investitionen bleiben weiterhin das Ziel, so wie es vor der Krise vorgesehen war. Besonders im Rhein-Main-Gebiet wird es viele große Neubauprojekte geben.“ betonte Dr. Klaus Vornhusen, Generalbevollmächtigter der Deutschen Bahn AG für Hessen.

 

 

 

Auf Podium 4 „Finanzmärkte zwischen Brexit-Krise und Corona-Schock“ waren sich die Debattenredner einig in ihrer Hoffnung auf einen moderaten Aufschwung nach der Krise. Ein europäischer Kapitalmarkt und eine solide europäische Fiskalpolitik seien die entscheidenden Grundlagen für Wachstum und Wohlstand in der Zukunft, hielten die Podiumsteilnehmer fest.

 

„Solange es keine neuen pandemiebedingten Einschnitte gibt, ist die Hoffnung auf einen moderaten Aufschwung berechtigt“, prognostiziert Dr. Jörg Kukies, Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen. „Die Fiskalpolitik die Deutschland und die EU in der momentanen Krise beitreiben, schafft Vertrauen für internationale Investoren und die Wirtschaft in ganz Europa.“

 

„Die großen Investmentthemen der Zukunft werden Technologie, Digitalisierung und Nachhaltigkeit sein“ erklärte Christian Machts, Geschäftsführer, FIL Investment Services GmbH (Fidelity International). Ferner lobte er das positive Signal, welches Deutschland durch den Wiederaufbaufonds in die europäischen Märkte gesendet hat.

 

Jens Schmidt-Bürgel, Geschäftsführer, Moody's Deutschland GmbH erklärte „Die Anleihemärkte erleben in Bezug auf Volumina in Unternehmensanleihen ein Rekordjahr, dieser Markt ist also in der Krise voll funktional.“

 

Dr. Joachim von Schorlemer, Mitglied des Vorstandes, ING-DiBa AG machte sich für eine Europäische Kapitalmarktunion stark: „Die europäische Wirtschaft wird durch freien Kapitalverkehr gestärkt. Wir müssen Kapitalmarkt-Finanzierungen in Ergänzung zur bankbasierten Kreditfinanzierung fördern.“ 

 

 

Abschlusstalk

Strategien für ein geeintes Europa präsentierten zwei hochrangige Redner zum Abschluss der Hessischen Wirtschaftstage 2020:

 

„Wir müssen mehr Mutbürger als Wutbürger sein“ erklärte Tilman Kuban, Vorsitzender der Jungen Union Deutschland. Er forderte: „Man muss der jungen Generation Hoffnung geben. Hierzu brauchen wir ein stabiles und solidarisches Europa, welches wir auch bereit sind, mit Geldern zu unterstützen. Investitionen sollen eine europäische Innovationskultur fördern, welche allerdings auch eine neue Weiterbildungskultur erfordert. Hierbei müssen wir die Mutmacher sein. Dies wird eine der Kernherausforderungen der Zukunft.“  

  

Prof. Hans Helmut Schetter, Vizepräsident des Wirtschaftsrat der CDU e. V. betonte, dass ein geeintes Europa alternativlos ist. „Unser Europa muss groß gedacht werden, mit großen gemeinsamen Projekten, Solidarität und einer großen Subsidiarität. Hierzu gehört auch Platz zu schaffen, für die die den Platz nutzen wollen, um die Zukunft unseres Landes zu gestalten.“