Cookie-Einstellungen

Bericht
20.06.2021
Drucken

Konzepte für eine "lebenswerte City" wieder neu erfinden

Einzelhandel und Innenstadt zwischen digitaler Konkurrenz und Attraktivitätsoffensive
©None

Innenstädte, ob in groß oder klein, sind das soziale und kommunikative Zentrum einer Stadt. Sie gelten als Identifikationsort, kultureller Mittelpunkt, Wirtschaftszentrum und Marktplatz und werden zu Erlebnisräumen, in denen sich Menschen gerne aufhalten. Jedoch haben es viele Städte in der Vergangenheit versäumt, sich fit für die Zukunft zu machen: Sie stehen vor großen Herausforderungen, die moderne Einkaufszentren, Konkurrenz durch Online Handel, strengere Regelungen für den Autoverkehr und das veränderte Kundenverhalten mit sich bringen.
Grund für das Netzwerk Immobilien, sich gemeinsam mit der Sektion Wiesbaden, diesem Thema anzunehmen und Lösungen zu diskutieren.

 

„Innenstädte stellen den Nucleus einer prosperierenden Stadt dar, sie sind kultureller Mittelpunkt, Wirtschaftszentrum und Marktplatz. Der Einzelhandel spielt als Identifikations- und Integrationsort hier die wichtigste Rolle“, so Andreas Steinbauer, Geschäftsführer der Steinbauer Immobilien GmbH und Sektionssprecher Wiesbaden. Auch Dr. Alexander von Preen, Vorstandsvorsitzender der INTERSPORT Deutschland eG und Vorsitzender der Bundesfachkommission Konsum und Handelsgüter, schließt sich der Aussage an: „Stationärer Handel ist die DNA von INTERSPORT, genauso wie für viele andere Geschäfte auch.“ Um die Attraktivität der Innenstädte wieder zu erhöhen und zu einem Erlebnisort gerade für junge Menschen zu gestalten, müssten den Kommunen neue Perspektiven aufgezeigt und diese dann auch durch entsprechende Projekte umgesetzt werden, sagt er.

 

Erste mögliche Maßnahmen wären hierbei die Etablierung von "Mixed Used Immobilien" in der Innenstadt, in denen Handel und Wohnen unter einem gemeinsamen Dach vereint sind. Außerdem werden angepasste Öffnungszeiten sowie eine Senkung der Gewerbesteuer vorgeschlagen. Die Referenten sind sich einig. Es sei unabdingbar in diesem Zusammenhang auch die Themen Mobilität und innerstädtische Infrastruktur neu zu denken.

 

Ob der stationäre Einzelhandel in der Innenstadt in seiner jetzigen Form auch in Zukunft noch eine Rolle spielen wird, darüber ist sich Michael Müller, Inhaber der Stilbruch United Designer, allerdings unschlüssig. „Es müssen neue Konzepte auf den Markt, um den klassischen Einzelhandel langsam aber sicher zu innovieren“, plädiert Müller, der ein Befürworter des von Kommunen und Immobilien geförderten Business Improvement Districts (BID) ist.

Kommunen und kreisfreien Städten brauchen, auch durch Förderung von Land und Bund, Ideen und Perspektiven um innovative Projekte auszuprobieren und zu unterstützen. Es bestünde bei Untätigkeit der Kommunen die große Gefahr, dass die Insolvenz von Kaufhäusern weiter voranschreitet und dies letztlich auch negativen Einfluss auf die gesamte deutsche Konjunktur haben wird. "Wir müssen uns endlich von den altbackenen „Dinosauriergeschäftsmodelle“ verabschieden, die Realität akzeptieren und neue Konzepte entwickeln, so Müller.

 

Innovativ wäre die Etablierung von Pop-Up-Stores und temporär Gastronomien sowie einer Stärkung, wenn nicht sogar Wiederbelebung, der Clubkultur in Großstädten. „Wir müssen den jungen Leuten die Innenstadt als Erlebnisort wieder ins Gedächtnis rufen und attraktiv machen“, verdeutlicht Andreas Steinbauer. Dr. Alexander von Preen unterstützt in dieser Ansicht und appelliert an die Politik, dass mit Pilotprojekten in einigen Städten „einfach mal losgelegt“ werden müsse: „Wir brauchen hier mehr Pioniergeist! In Trial-&-Error-Phasen muss ausprobiert werden dürfen, was möglich ist - auch auf die Gefahr hin, dass man scheitert.“

 

Auch der Vorstandsvorsitzende der Fraport AG, Dr. Stefan Schulte, schildert seine Erfahrungen im Zuge der Pandemie mit den Worten „Nichts ist so beständig wie die Veränderung“, und plädiert für die ständige Anpassung an die Kundenwünsche. Auch wenn der Flughafen nicht vergleichbar ist mit einer Innenstadt, sind die Probleme und Herausforderungen ähnlich gelagert. Derzeit geht es den Innenstädten wieder gut, da die Menschen nach einem Jahr Pandemie und Lockdown das Einkaufen im stationären Einzelhandel bevorzugen. Dies werde allerdings kein Dauerzustand bleiben, warnen die Diskutanten. Das City-Management, Wirtschaftsförderungen und Entscheider vor Ort müssen jetzt das Momentum ergreifen und handeln und nicht erst, wenn es zu spät ist.