Cookie-Einstellungen

Bericht
15.06.2021
Drucken

Der Klimawandel aus Sicht der Chemischen Industrie

Der Wirtschaftsrat Sektion Pfalz konnte mit Dr. Dominique Bäumer, Landesgeschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) Rheinland-Pfalz, einen versierten Experten zum Klimawandel und den Anstrengungen der chemischen Industrie gewinnen

Dr. Dominique Bäumer gibt profunde Ein- und Ausblicke in das, was war, ist und was noch von Seiten der Chemie kommen muss und kann
©None

Wie zeigt sich eigentlich der Klimawandel und wodurch wird er ausgelöst? Kurzweilig mit einprägsamen Diagrammen fasste Dr. Bäumer die Auswirkungen zum Klimawandel zusammen. Hauptverursacher ist, so viel sei bekannt, die Menge an CO2 in der Atmosphäre. Ein Blick auf die Zahlen zeige, dass die CO2 Emissionen in Deutschland kontinuierlich zurückgingen. Ein starkes Absinken in den letzten Jahren sei zum einen der schwächelnden Konjunktur und zum anderen dem starken Ausbau der Windenergie zu verdanken. Darüber hinaus zeige sich eine weltweite Verschiebung der Emissionen. In Deutschland und Europa würde weniger ausgestoßen, in anderen Ländern mehr. Dies führe zu einer Verzerrung der Werte: Unser prozentueller Anteil sinke dadurch noch stärker. Gerade in der Chemischen Industrie sei die Energieversorgung auf Gas und Kraft-Wärme-Kopplung umgestellt worden.

 

Werfe man den Blick auf die Entwicklung der Temperaturen in Rheinland-Pfalz, zeige sich ab 1987 ein rasanter Anstieg der Mitteltemperaturen. Die 10 wärmsten Jahre lagen alle in den letzten 30 Jahren. Ein Problem, vor dem gerade die Chemische Industrie in Rheinland-Pfalz stehe, sei das Niedrigwasser des Rheins, der als Transportweg diene. Die Vorhersagen zum Pegelstand müssten genauer werden, damit die Industrie früher gegensteuern und sich bevorraten bzw. andere Transportkapazitäten schaffen könne. Es müssten wieder mehr Schiffe mit weniger Tiefgang genutzt werden. Diese hätten jedoch auch geringere Kapazitäten. Besser wären bauliche Maßnahmen zur Ablade- und Lageroptimierung und zur Rheinvertiefung. Hier müssten die Umweltverbände an Bord geholt werden. Die Schifffahrt bleibe vorerst die klimaverträglichste Option für den Transport von Rohstoffen, so Dr. Bäumer

Beim „Green Deal“ der EU sei bei 98% der geplanten Maßnahmen die chemische Industrie betroffen. Seit März 2020 werde an den neuen EU-Klimagesetzen gearbeitet. Ziel des VCI müsse es sein, an so vielen Prozessen wie möglich teilzuhaben. Derzeit sei die politische Diskussion von Extremforderungen dominiert, die sich gegenseitig überböten. Fordere die EU Klimaneutralität bis 2050, möchte die Bundesrepublik bis 2030 66% CO2-Emissionen gesenkt wissen und 2040 sogar 88%. Rheinland-Pfalz werde dies im neuen Koalitionspapier sogar mit Klimaneutralität 2035 unterbieten. Die Ziele würden aus Sicht des VCI immer unrealistischer. Gleichzeitig müsste auch die Wettbewerbsfähigkeit der chemischen Industrie erhalten bleiben!

 

Um die Klimaziele zu erreichen sei die Roadmap 2050 entwickelt worden. Die Ergebnisse ließen hoffen, seien jedoch ehrgeizig und je nach Rahmenbedingungen schwer umzusetzen. Gehe die Chemische Industrie ihren Weg weiter wie bisher, könnte sie ohne zusätzliche Investitionskosten ihre Emissionen um 27% senken. Solle der Weg über verbesserte Technologien gehen, so seien Investitionen von rund 15 Mrd € notwendig um 61% weniger auszustoßen. Das Ziel der Neutralität bedürfe eine Anstrengung von 45 Mrd €.

Die Möglichkeiten der Weiterentwicklung der Technologien bestünden insbesondere im Bereich des Kohlenstoffkreislaufes: Strombasierte Verfahren müssten modernisiert und alternative Rohstoffe und Kunststoffe genutzt sowie nachgelagerte Verfahren angewandt werden, die in Summe energieeffizienter seien. Die meisten der Technologien würden jedoch nicht vor 2030 verfügbar oder wettbewerbsfähig sein. Darüber hinaus sei grüner Wasserstoff als Energieträger noch immer sehr teuer. Wichtig sei, dass die Bevölkerung mitmache und die regulatorischen Rahmenbedingungen verbessert würden. Es gelte Chancen statt Verbote zu schaffen, Kosten und Verwaltung zu reduzieren und eine Verlagerung in günstigere Länder zu verhindern.

 

Trotz allem lasse sich festhalten, so das Fazit von Dr. Bäumer: „Die chemische Industrie hat sinkende Emissionen (-54%) bei steigender Produktion (+63%) geschaffen!“