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Bericht
29.11.2021
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Aus den Ländern (Rheinland-Pfalz) - Drehscheibe für den europäischen Stromhandel

Dr. Christoph Schneiders, Amprion, erläutert die "Operation Echtzeitsystem"
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Die Amprion GmbH ist eines der vier deutschen Verteilungsnetzbetreiber und deutscher Regelblockführer. Es stemmt Investitionen von 24,3 Milliarden Euro mit 200 Mitarbeitern. Zur Zeit im Neubau: 3.600 Kilometer neuer Leitungen.

 

Zu den Aufgaben Amprions gehören Netzwerkstabilität, Stromhandel, IT-Infrastruktur, Analysen für die Netzsicherheit und die Koordination der Stromflüsse. Denn das Netz des Unternehmens ist eine Drehscheibe für den europäischen Stromhandel. Dabei bildet Amprion aus Brauweiler heraus das europäische Stromnetz ab, in Echtzeit. Es ist das größte Strom-Echzeitgebiet in Europa. Vom Kraftwerk zur Steckdose geben die Systemgrößen Nutzfrequenz (Wechselstrom), Stromfluss und Spannung den Ton an. Die Spannung ist besonders wichtig – ein Spannungsabfall ist die größte Ursache für Blackouts weltweit.

Erzeugung und Verbrauch von Strom sind über die Systembilanz im Grundgesetz geregelt, sagt Dr. Christoph Schneiders. Abweichungen entstehen weil elektrische Energie nicht speicherbar ist. James Bond würde es „Operation Echtzeitsystem“ nennen. Der Experte nennt es „Sicherheit geht vor“. Das Kriterium heißt n-1 mit n=Anzahl der Netzwerke. „Ein Dominoeffekt darf nicht entstehen“, so Dr. Christoph Schneiders. Die Simulation der Ausfälle in Echtzeit macht das möglich – Buzzword „Sicherheitsgewährleistung“.

Ende 2020 lag der Anteil der Erneuerbaren Energien bei 46 Prozent, gefolgt von Erdgas und Braunkohle. In Echtzeit betrachtet besteht die Herausforderung bei der hohen Volatilität der Erneuerbaren Energien darin, die Netzlast sicher zu führen. Frage: „Wie speichern wir?“. Mit Wasserstoff bräuchten wir einen Speicher in der Größe des Bodensees, um eine Woche zu überbrücken. Danach wäre der Speicher leer. „Wir brauchen in dieser Transformationsphase gesicherte Erzeugung“, sagt Dr. Christoph Schneiders. Gas ist eine Lösung. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung stehen 500 Gigawatt aus Photovoltaik. Das entspricht der Fläche des Saarlands. Zur Windkraft stehen keine konkreten Angaben im Vertrag. Amprion bildet beim Netzausbau den Transport vom Erzeugungs- zum Verbrauchsort ab. Eine Ahnung von der gigantischen Aufgabe gibt das Amprion-Pilotprojekt „Ultranet“. Dr. Christoph Schneiders betrachtet immer das Gesamtsystem: Ab 2030 beschleunigter Ausstieg aus der Kohle nach dem Ausstieg aus der Kernenergie. „Die größte Transformation, die wir ja hatten“, sagt er. Rechtzeitige Netzaus- und Umbaumaßnahmen sind die Basis für diese Transformation. Die Forderung an die Politik: „Das Tempo beim Umbau muss dem Tempo beim Ausstieg entsprechen.“

 

Beitrag: K. Raclet