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Bericht
19.06.2023
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„Das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) und seine Auswirkungen auf sächsische Unternehmen“

Es ist in aller Munde, aber keiner weiß richtig viel darüber. So eröffnete RA Dr. Axel Schober als stellvertretender Vorsitzender unserer "LFK Internationales" die überaus interessante Veranstaltung zum Lieferkettengesetz (LkSG), die wir gemeinsam mit dem VDI durchgeführt haben.

Veranstaltung mit Torsten Safarik, Präsident des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und Prof. Dr. Ingo Gestring, HTW Dresden
©Wirtschaftsrat

Es ist in aller Munde, aber keiner weiß richtig viel darüber. So eröffnete Herr Dr. Axel Schober als Vize-Chef unserer LFK Internationales die überaus interessante Veranstaltung zum, kurz, Lieferkettengesetz (LkSG), die wir gemeinsam mit dem VDI durchgeführt haben. Zuvorderst möchten wir Entwarnung geben, dass es sich hier um ein unüberwindbares Bürokratiemonster  handelt, welches dem Mittelstand enorme weitere Lasten auferlegt. Aufklärung und Zusammenarbeit mit den Unternehmen ist auch das Credo des gestern bei uns referierenden Präsidenten des BAFA, Herrn Torsten Safarik. Denn aktuell trifft das LkSG nur auf Unternehmen mit 3.000 und mehr Mitarbeitern zu; ab 2024 wird es zudem auf Unternehmen, welche die 1000er Marke bei den Mitarbeitern übertreffen, ausgeweitet.

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Torsten Safarik, Präsident des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), bei seinem Vortrag (Foto: Wirtschaftsrat)

Torsten Safarik, geboren in Görlitz, mit einem Studienabschluss in Mathematik, erworben an der TU Dresden und vielen politischen Ämtern im Gepäck, stellte in seinem frei gehaltenen Vortrag zunächst die Aufgaben des 1.200 Mitarbeiter beschäftigenden BAFA heraus. Diese erstrecken sich vom Fördergeschäft (Corona-Förderprogramme, Förderung Elektromobilität, Förderung effizienter Gebäude etc.) über die Exportkontrolle (Erteilung von Exportgenehmigungen, Einhaltung von Sanktionen) bis hin zur Aufsicht über die Wirtschaftsprüfer (Stichpunkt: Wirecard-Skandal). Als neue Aufgabe wurde die Einhaltung des LkSG auf die „Universalbehörde“, die an das BMWK angegliedert ist, übertragen. Alle Angelegenheiten bezüglich des LkSG werden in der neuen BAFA-Zweigstelle in Borna von 65 Mitarbeitern bearbeitet. Der ebenfalls anwesende Florian F. Woitek ist hierfür der zuständige Referatsleiter.

2023-06-19_Foto1_LFT_Internationales.jpg(Foto: Wirtschaftsrat)

Oberziel des LkSG ist die, mehrheitlich durch die Gesellschaft gedeckte, Verbesserung der Menschenrechtslage in den globalen Lieferketten. Das BAFA holt allerdings bei kleineren Verstößen nicht sofort die „Sanktionskeule“ heraus, sondern hilft den Unternehmern durch Hinweise und entsprechende „Handreichungen“ zu einer verbesserten Transparenz zu kommen. Hier ist es auch hilfreich, dass betroffene größere Unternehmenseinheiten die erforderlichen Offenlegungspflichten im Sinne des LkSG nicht direkt an deren Lieferanten (meist KMU) delegieren, sondern über Branchenverbände einheitliche Dokumentationsgrundlagen anstreben, die dann für alle Lieferanten gelten und den bürokratischen Aufwand pro Unternehmen minimieren können. 

Im internationalen Vergleich existieren in Norwegen, Großbritannien, Frankreich sowie in den Niederlanden ähnliche Lieferketten-Gesetze, die weniger in die Breite, aber dafür mehr in die Tiefe der Nachweispflichten gehen. Es steht zudem eine einheitliche EU-Richtlinie zur unternehmerischen Sorgfalts- und Nachweispflicht bezüglich der globalen Lieferketten ins Haus, die spätestens in zwei Jahren (verschärft) ins deutsche Recht umzusetzen sein wird. Im Übrigen hat das LkSG seinen Ursprung in der Merkel-Ära und ist kein Geschöpf der Ampel-Regierung. Aktuell wurde durch das BAFA jedoch noch keine Strafe wegen eines Verstoßes gegen das LkSG verhängt.

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Torsten Safarik, BAFA (Foto: Wirtschaftsrat)

Der BAFA-Chef, Torsten Safarik, hat aber auch Empfehlungen für die KMU mitgebracht. So rät er jedem Unternehmen, sich mit seinen Lieferketten intensiv zu beschäftigen. Das wäre auch eine Art Risikovorsorge für Zeiten, wo die Ketten massiv gestört werden können (z.B. Katastrophen, Kriege etc.). Er sensibilisiert zudem für die o.g. Verschärfung der Offenlegungspflichten seitens der zu erwartenden EU-Richtlinie. Ferner sieht er sogar Vorteile für „menschenrechtskonforme Nachweise“, da Verbraucher mehr und mehr dafür sensibilisiert wären, diese einforderten und er mahnt letztlich auch zur Besinnung auf die Menschenwürde, wenn man weiß, wie Menschen, die nicht das Glück gehabt haben, in Deutschland geboren worden zu sein, in anderen Teilen der Welt leben (müssen).

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Prof. Dr. Ingo Gestring, Stellvertretender Beauftragter Internationalisierung, Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (Foto: Wirtschaftsrat)

Prof. Dr. Ingo Gestring von der HTW Dresden gab uns zunächst Einblicke in seine Erfahrungen, die er in zahlreichen Ländern der Welt gesammelt hat. Ob es die „Second-Hand-Schuhe“ aus Europa für Märkte in Ghana sind, ob es die Metallaufbereitung in Südafrika ist oder afrikanischen Kohletransporte zu Deutschland mit der Mahnung die CO2-Emmissionen hierzulande zu reduzieren, sind – in jedem Fall haben sich Inkonsistenzen aufgetan. „Deutschland sollte in den Außenbeziehungen nicht mit erhobenen Zeigefinger auftreten“, war einer seiner Hinweise an die Politik. Denn die momentanen Kohleimporte aus Afrika nach Deutschland haben dort zur Folge, dass man in Südafrika z.B. eine App benötigt, um die bevorstehenden, mitunter zehnstündigen Stromausfälle, voraus zu ahnen. Daraus geht hervor, wie wichtig eine stabile grundlastfähige Energieversorgung überall auf der Welt sei.

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v.l.n.r.: Dirk Kohl, Vorsitzender der LFK Internationales im Wirtschaftsrat Sachsen; Florian F. Woitek, Referatsleiter der BAFA;  Prof. Dr. Ingo Gestring, HTW Dresden; Torsten Safarik, BAFA; RA Dr. Axel Schober, Stellvertretender Vorsitzender der LFK Internationales im Wirtschaftsrat Sachsen (Foto: Wirtschaftsrat)

Der Professor brachte eine weitere interessante Regelkette zur Sprache. Steigen in Deutschland durch die Anforderungen des LkSG die Kosten pro Lieferung führe das zur Reduktion von Lieferketten (Reduktion von Lieferanten). Damit erhöht sich aber die Abhängigkeit von den verbliebenen Lieferanten und der Wettbewerb werde eingeschränkt, was auch das Spektrum für die betroffenen Unternehmen in der Risikoreduktion im globalen Handel schmälere. Staaten mit weniger strengen oder gar keinen Gesetzen für die Lieferketten würden so einen Wettbewerbsvorteil erhalten. Prof. Gestring schlägt entsprechend die Komplexitätsreduktion in den Beziehungen zwischen (größeren) Unternehmen und Lieferanten vor, indem eine KI-gestützte und softwarebasierte Zwischeninstanz zum Einsatz kommt. Dieser unternehmensintegrierte Risikomanagementprozess könnte die „Knotenpunkte“ der Lieferkette reduzieren und die Compliance automatisch und sukzessive verbessern. Anbieter, wie SAP, EcoVadis, Prewave und sustainable haben hier bereits entsprechende Lösungen im Portfolio, die größere Unternehmen ausrollen könnten.

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v.l.n.r.: Andrea Nickol, Geschäftsführerin, VDI Dresdner Bezirksverein e.V.; Florian F. Woitek;  Prof. Dr. Ingo Gestring; Torsten Safarik; RA Dr. Axel Schober; Dr. Dino Uhle, Landesgeschäftsführer des Wirtschaftsrates in Sachsen (Foto: Wirtschaftsrat)

Eine vielseitige Diskussion rundete unsere Veranstaltung ab. Wir freuen uns auf das nächste Update, gemeinsam mit dem VDI und bedanken uns bei allen Beteiligten.