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Bericht
05.04.2023
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„Einschätzung der Reformpläne zur Finanzierung der Krankenhäuser“

Veranstaltung der Landesfachkommission Gesundheit mit Alexander Krauß, Leiter der Landesvertretung der Techniker Krankenkasse in Dresden
©Wirtschaftsrat

Im Dezember 2022 hat die „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ ihre Vorschläge für eine grundlegende Reform der Krankenhausvergütung vorgestellt. Danach sollen Krankenhäuser nach drei neuen Kriterien honoriert werden: Vorhaltekosten, Versorgungsstufen (Level) und Leistungsgruppen. Das Fallpauschalen-System soll entsprechend verändert werden. Dabei darf nicht vergessen werden, dass nicht alle Krankenhäuser (nach Corona) voll ausgelastet sind und sich hier tatsächlich Reformbedarf konstatieren lässt. Krankenhäuser sind oft die großen Arbeitgeber ganzer Regionen – entsprechend wichtig ist deren Erhalt auch in der Fläche. Die Reform soll aber bereits zum Jahresanfang 2024 in Kraft treten (Gesetzentwurf soll bis zur Sommerpause vorliegen), was es schwer macht, entsprechende „Modellversuche“ über die Wirkung der beabsichtigten Neuerungen zu realisieren. Diesem großen Themenkomplex konnte sich der Wirtschaftsrat in Sachsen über seine Landesfachkommission Gesundheit unter Vorsitz von Matthias Jochmann nun endlich dezidiert zuwenden.

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Als Vorhaltekosten soll künftig ein fester Betrag definiert werden, den somatische Krankenhäuser je nach ihrer Zuordnung erhalten. Hierfür sollen die Krankenhäuser in drei Versorgungsstufen (Level) eingeordnet und entsprechend gefördert werden. Es sollen Leistungsgruppen mit Strukturvorgaben eingeführt werden mit der Folge, dass Behandlungen nur noch dann abgerechnet werden dürfen, wenn das Krankenhaus die Strukturvoraussetzungen für die jeweilige Leistungsgruppe erfüllt. Die psychiatrische Versorgung bleibt hierbei aber bisher komplett unberücksichtigt. Bei den Levels werden die Krankenhäuser nach Maximalversorgern (Uni-Kliniken etc.) über Schwerpunkt-Versorger bis zu Regelversorger mit oder ohne Notfallversorgung eingeteilt. Leistungen werden anhand der Spezialisierung auf die jeweiligen Leistungsgruppen vergütet. Es soll künftig nach Vorhaltekosten und DRG-Leistungen, die in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen müssen, alimentiert. Denn setzt man die Vergütung nach Vorhaltekosten zu gering an, entsteht die Tendenz über die DRG-Fallpauschalen-Vergütung Finanzmittel ins Krankenhaus zu holen, d.h. es wird unter Umständen mehr operiert als nötig. Sind andererseits die Vorhaltekosten zu hoch angesetzt, entsteht der Anreiz für die Krankenhäuser, sich weniger wirtschaftlich zu verhalten und sich auf den Vorhaltekosten auszuruhen.

Was bedeutet die Reform für unsere sächsischen Krankenhäuser? Welche Herausforderungen müssen diese meistern? Wie kann diese Reform in Sachsen umgesetzt werden, ohne die Versorgungssicherheit der Bevölkerung zu schwächen? Das alles haben wir diskutiert mit Alexander Krauß, Leiter der Landesvertretung der Techniker Krankenkasse in Dresden, aber auch mit dem Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Sachsen, Herrn Friedrich R. München. Es sei aber verraten, dass aus unserer Diskussion die folgenden Punkte hervor gingen: Die Krankenhausreform erinnert insgesamt an Planwirtschaft und sorgt für weitere Bürokratie, die in den Krankenhäusern bereits ausreichend vorhanden ist (zahlreiche Dokumentationspflichten über bereits belegte Betten, über Behandlungsschritte etc.). Dass das Patientenwohl dabei eine untergeordnete Rolle spielt, ebenso, wie dass die Vertragsärzteschaft bei der Reform komplett außen vor bleibt, auch wenn diese dabei nur eine indirekte Rolle einnimmt, ist in jedem Fall zu kritisieren.

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v.l.n.r.: Dr. Dino Uhle, Landesgeschäftsführer, Wirtschaftsrat Sachsen; Matthias Jochmann, Vorsitzender LFK Gesundheit; Thomas Lieberwirth, Kaufmännischer Direktor, Städtisches Klinikum Görlitz gGmbH; Friedrich R. München, Geschäftsführer, Krankenhausgesellschaft Sachsen; Alexander Krauß, Leiter der TK-Landesvertretung (Foto: Wirtschaftsrat)

Unsere Forderungen zielen folglich darauf ab, dass nun endlich die Überwindung der Sektorengrenze zwischen stationärer und ambulanter Behandlung ernsthaft angegangen werden muss, will man auf Dauer die Versorgungssicherheit zu hoher Qualität gewährleisten. Wird die Reform auf die geplante Art durchgeführt, müssen die Level bundesweit einheitlich umgesetzt werden, die Leistungsgruppen durch die Selbstverwaltung definiert werden sowie die Vorhaltekosten erst geplant und danach ausgezahlt werden. Unbedingt sollten aber auch die Investitionskoten von Anfang an mit gedacht werden. Ferner besteht die für die Reform verantwortliche Regierungskommission vordergründig aus Uni-Professoren, die das Personal, welches die Arbeit leistet, eher als Menge betrachtet, welche dynamischen Wanderungsprozessen unterliegt, denn als wichtige Tragsäule des gesamten Systems einschätzt. Hier ist – wie bei vielen aktuellen Veränderungsprozessen – mehr Praxisnähe erforderlich. In den USA steht ganz klar das qualitätsorientierte Patientenwohl an der Spitze des Gesundheitssystems, was bei der Krankenhausreform leider nur eine untergeordnete Rolle zu spielen scheint. Letztendlich zahlt der Patient ja immer die Rechnung. Vielleicht kommt das ja bei der ein oder anderen der nächsten Regionalkonferenzen zum Gesundheitssystem mit der Sozialministerin in Sachsen auch noch stärker zur Sprache. Wir danken Der Techniker Krankenkasse sowie Alexander Krauß für seine Gastfreundschaft.